Nein, dieses Video ist kein Beweis für falsche Leichen in der Ukraine-Berichterstattung

Hunderte Facebook-User haben Anfang März ein Video geteilt, in dem angeblich inszenierte Tote aus der Ukraine zu sehen sind. Das Video ist aus dem Kontext gerissen. Es entstand Anfang Februar 2022 und zeigt einen Klimaprotest in Wien.

Hunderte Nutzerinnen und Nutzer haben Anfang März ein Video auf Facebook (hier, hier) geteilt, das den Eindruck erweckt, österreichische Medien zeigten inszenierte Tote aus dem Krieg in der Ukraine. Auch auf Twitter und Telegram sahen Zehntausende User den Clip.

Ähnliche Postings wurden auf Niederländisch, Polnisch, Chinesisch und Thailändisch in sozialen Netzwerken verbreitet. Dasselbe Video kursierte zudem bereits früher als vermeintlicher Beweis für angeblich gefälschte Leichen in der Corona-Pandemie. AFP widerlegte diese Behauptung hier.

In dem rund 17 Sekunden langen Video ist ein Reporter zu sehen, der während einer Übertragung über die österreichische Klimapolitik spricht. Hinter ihm liegen in mehreren Reihen Dutzende in schwarze Folie gewickelte Menschen auf dem Boden. Die Szene erinnert an aufgereihte Leichensäcke. Während der Reporter spricht, weht der Wind die Plastikfolie von einem der auf dem Boden Liegenden. Eine Frau eilt hinzu und hilft, die Abdeckung zu fixieren.

Die Behauptung: Im Postingtext zu dem Videoclip wird indirekt behauptet, das Fernsehen erzeuge gefälschte Bilder von Toten in der Ukraine. Wörtlich heißt es: "Wenn Leichen in der transatlantischen Propaganda aufstehen, wenn etwas Wind weht."

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Facebook-Screenshot der Behauptung: 09.03.2022

Zum Krieg in der Ukraine kursieren derzeit zahlreiche Videos und Bilder in sozialen Netzwerken, die manipuliert oder aus dem Kontext gerissen wurden. AFP widerlegte etwa bereits diese alten Aufnahmen russischer Fallschirmspringer, Behauptungen, die Grenzen der Ukraine seien völkerrechtlich nicht anerkannt oder dieses angebliche Video eines Angriffs auf die ukrainische Stadt Mariupol. AFP sammelt Faktenchecks im Kontext des Kriegs in der Ukraine hier.

Auch Medien werden im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine immer wieder zum Ziel von Desinformation. AFP konnte in diesem Zusammenhang bereits dieses Video einer vermeintlich inszenierten Massenpanik in der Ukraine oder diese Aufnahmen angeblich gestellter Kriegsbilder widerlegen. Das Video der angeblich falschen Leichen gehört ebenfalls zu diesen Falschinformationen. Es ist aus dem Kontext gerissen und entstand Anfang Februar bei einem Klimaprotest in Wien. Mit dem Krieg in der Ukraine hat es nichts zu tun.

Video stammt von Klimaprotest in Wien

Der Name des Reporters, Marvin Bergauer, ist in einer Bauchbinde am linken unteren Bildrand zu lesen. In dem Ausschnitt spricht er über die österreichische Klimapolitik. Eine Googlesuche nach "Marvin Bergauer" ergab, dass Bergauer Reporter des österreichischen Fernsehsenders oe24 ist.

Er berichtete am 4. Februar 2022 von einer Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt am Wiener Ballhausplatz, zu der die Klimaschutzorganisation Fridays for Future aufgerufen hatte. Auch andere österreichischeMedien berichteten über den Protest. "Die leblosen Körper sind symbolisch gemeint", sagte Verena Matlschweiger, Sprecherin von Fridays for Future, am 8. Februar gegenüber AFP.

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Screenshot des Originalvideos (links) und des aktuell geteilten Videos: 10.03.2022 (Collage: AFP)

Der österreichische Ableger von Fridays for Future schrieb auf Twitter zu dem Protest vor dem Kanzleramt in Wien: "Bei einer Aktion von Fridays For Future lagen heute Aktivist*innen 'tot' vor das Kanzleramt. Sie symbolisieren jene Menschen, die durch das Versagen der österreichischen Klimapolitik sterben werden". Die Gruppe postete Bilder ihrer Aktion auch auf Facebook.

AFP fand keine Hinweise darauf, dass Medien die Aufnahmen aus Wien in der Berichterstattung über die Ukraine als Kriegsopfer beschrieben hätten.

Fazit: Das Video ist aus dem Kontext gerissen. Es zeigt einen Beitrag des österreichischen Fernsehsenders oe24 zu einem Protest von Fridays for Future in Wien Anfang Februar. Das zeigen sowohl der Originalbeitrag von oe24 als auch andere Medienberichte und Posts in sozialen Netzwerken. Die Personen auf dem Boden wurden als Teil einer symbolischen Protestaktion lediglich von schwarzer Folie bedeckt.

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