Dieser Live-Reporter verschwindet wegen technischer Probleme aus dem Bild

Hunderte Facebook-User sahen Ende Februar einen Videoausschnitt, der den Eindruck erweckt, ein Reporter des Nachrichtensenders ntv hätte während einer Sendung zum Krieg in der Ukraine nicht live aus Moskau berichtet. Während der Sendung traten technische Probleme bei der Übertragung auf.

Ende Februar verbreitete sich ein Video in sozialen Netzwerken, in dem ein Reporter des Nachrichtensenders ntv während der Live-Berichterstattung aus Moskau plötzlich aus dem Bild verschwindet. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer sahen und teilten den Clip auf Facebook (hier, hier). Auch auf Twitter und Telegram sahen Tausende den Ausschnitt. Ähnliche Postings verbreiteten sich zudem auf Tschechisch und Portugiesisch.

Der rund eine Minute lange Clip zeigt einen Ausschnitt aus einer Live-Sendung vom 21. Februar zur Ukraine-Krise. Der Beitrag wurde offenbar von einem Bildschirm abgefilmt. In der Sendung gibt ein Reporter des Senders gegenüber der Moderatorin im Studio eine Einschätzung zur Lage in Russland vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ab. Der zweigeteilte Bildschirm zeigt in der linken Hälfte Aufnahmen von Wladimir Putin, in der rechten den Live-Reporter. Am Ende des Clips verschwindet er plötzlich aus dem Bild.

Die Behauptung: In der Videobeschreibung eines Facebook-Posts heißt es: "Ein Reporter verschwindet einfach… Die Lügen unserer Medien." In einem anderen Post wird behauptet, es werde ein "Green Screen" verwendet, um den Zuschauerinnen und Zuschauern eine inszenierte Live-Schalte glaubhaft zu machen.

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Facebook-Screenshot der Behauptung: 09.03.2022

Zum Krieg in der Ukraine kursieren derzeit zahlreiche Videos und Bilder in sozialen Netzwerken, die manipuliert oder aus dem Kontext gerissen wurden. AFP widerlegte etwa bereits diese alten Aufnahmen russischer Fallschirmspringer, Behauptungen, die Grenzen der Ukraine seien völkerrechtlich nicht anerkannt, oder dieses Video eines angeblichen Angriffs auf die ukrainische Stadt Mariupol. AFP sammelt Faktenchecks im Kontext des Kriegs in der Ukraine hier.

Auch Medien werden im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine immer wieder zum Ziel von Desinformation. AFP konnte in diesem Zusammenhang bereits dieses Video einer vermeintlich von Medien inszenierten Massenpanik in der Ukraine oder diese Aufnahmen angeblich gestellter Kriegsbilder widerlegen. Das Video des angeblich verschwindenden ntv-Reporters gehört ebenfalls zu diesen Falschinformationen.

Technische Probleme bei der Live-Übertragung

Auf dem Mikrofon des Live-Reporters sind die Logos der Fernsehsender RTL und ntv zu erkennen. Der Nachrichtensender ntv, der zur Sendergruppe RTL gehört, verwendet in seinen Beiträgen rote Bauchbinden und Einblendungen, wie sie auch in dem aktuell geteilten Clip zu sehen sind.

Ein Pressesprecher von RTL Deutschland, Thomas Steuer, erklärte am 1. März 2022 per E-Mail gegenüber AFP, der aktuell geteilte Ausschnitt der Live-Übertragung sei authentisch. Demnach wurde die Sendung am 21. Februar 2022 gegen 23.00 Uhr, wenige Tage vor dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine, bei ntv ausgestrahlt. "Rainer Munz ist bereits seit längerem als Korrespondent für RTL/ntv in Moskau und hat auch an diesem Abend von dort berichtet", erklärte Steuer. Munz berichtet nach wie vor für RTL und ntvaus Russland.

Auf AFP-Anfrage stellte RTL am 2. März 2022 AFP das Originalmaterial der Live-Sendung vom 21. Februar zu Recherchezwecken zur Verfügung. Darauf ist zu sehen, wie Moderatorin Jessika Westen nach einer kurzen Anmoderation zu Munz nach Moskau überleitet. Schon zu Beginn der Live-Übertragung wird deutlich, dass der Reporter mit technischen Problemen zu kämpfen hat.

Nach wenigen Minuten friert das Bild der Übertragung ein und der Ton ist nur noch bruchstückhaft hörbar. Auch ein im Hintergrund vorbeifahrendes Auto wird eingefroren. Am Ende des Videos verschwindet der Reporter plötzlich aus dem Bild. Die technischen Probleme werden auch durch die Anmerkung der Moderatorin klar: "Da haben wir Rainer Munz offenbar verloren. Die Leitung ist leider ein bisschen instabil." Kurz darauf erscheint in der rechten Bildhälfte ein schwarzer Bildschirm mit dem Schriftzug "AVIWEST".

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Screenshot der Live-Sendung vom 21.02.2022 ( RTL Deutschland / )

"Rainer Munz nutzt in Moskau ein Smartphone mit der Software MoJo Pro von AVIWEST und sendet über das öffentliche Mobilfunknetz", erläuterte RTL-Sprecher Thomas Steuer. Während der Live-Übertragung am 21. Februar sei es plötzlich zu Einbrüchen der Übertragungsrate gekommen.

"Herr Munz selbst bemerkt davon zunächst gar nichts", erklärte Steuer, "erst als die Datenrate so weit abfällt, dass auch die Audioverbindung stockt und er die Moderatorin nicht mehr hört, schaut er am Handy nach – und tritt aus dem Bild, während er voll sichtbar eingefroren ist. Im nächsten übertragenen Bild ist Herr Munz deshalb plötzlich weg." Als die Verbindung vollständig abreißt sendet der Server, der das Signal empfängt, nur noch das AVIWEST-Logo.

Fazit: Das Video wird falsch interpretiert. Während der Live-Sendung aus Moskau traten laut einem Sprecher von RTL technische Probleme bei der Übertragung auf. Dies ist sowohl in dem aktuell geteilten Ausschnitt, als auch in dem Originalvideo, das AFP zur Verfügung steht, erkennbar. Der Reporter verlässt während der Störung das Bild, um sich seinem Sende-Equipment zu widmen. Er berichtete aber tatsächlich aus Moskau.

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