Diese Frau ist nicht Selenskyjs Tochter und sie weinte bereits 2017 wegen eines Handys
User haben Mitte April ein Bild einer weinenden Frau auf Facebook geteilt. Es soll die Tochter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zeigen. Die als "Alexandra Zelenskaya" bezeichnete Frau soll angeblich nach Polen geflohen seien und ihren Vater als "Nazi und Mörder" bezeichnet haben. Bei der Frau auf dem Bild handelt es sich aber nicht um Selenskyjs Tochter. Das Bild stammt aus einem russischsprachigen Video, das bereits 2017 im Internet kursierte. Die Frau weinte damals, weil ihr Freund ihr kein iPhone geschenkt hatte.
Dutzende User haben das Bild samt der Behauptung Mitte April 2022 auf Facebook geteilt. Auf Twitter erreichte die Behauptung Hunderte. Die Behauptung kursierte auch auf unterschiedlichen Plattformen in anderen Sprachen wie Spanisch, Griechisch, Russisch, Tschechisch, Slowakisch und Englisch.
Die Behauptung: User teilen das Bild einer weinenden Frau mit der Behauptung, dass es sich dabei um "Alexandra Zelenskaya" handele. "Zelenskys Tochter hasst ihren Vater, nennt ihn einen Nazi und einen Mörder des ukrainischen Volkes", heißt es im Beitragstext. Angeblich sei sie nach Polen geflüchtet und "enthüllt die ganze Wahrheit über ihren Vater".

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 kursieren immer wieder falsche Informationen über Kriegshandlungen wie etwa falsche Beweise für eine Inszenierung von Kriegsopfern durch die Ukraine selbst (hier, hier). Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Familie stehen dabei immer wieder im Fokus der Desinformation. So soll Selenskyj unter anderem in Nazi-Symbolik gekleidet eine Rede gehalten haben. Die aktuell verbreitete Behauptung verbindet diese Elemente. AFP sammelt Faktenchecks zum Ukraine-Krieg hier.
Bild ist ein Screenshot eines Videos von 2017
Um herauszufinden, woher das Bild aus dem Facebook-Posting ursprünglich stammt, hat AFP eine Bildersuche auf Google und Yandex gestartet. Die Suche ergab, dass es sich um einen Screenshot aus einem Video mit dem russischen Titel "Ich habe allen schon gesagt, dass du mir ein iPhone kaufst" handelt. Das Video wurde bereits am 24. August 2017 auf Youtube hochgeladen – also lange vor den aktuellen Angriffen russischer Streitkräfte auf die Ukraine.
Das Video zeigt eine weinende Frau in einem Auto. Sie wird von einem Mann gefilmt, während sie sich auf Russisch beschwert, dass er ihr ein iPhone versprochen habe, welches sie nach Monaten noch nicht erhalten habe. "Ich will es jetzt haben", sagt sie. Er antwortet: "Jetzt fehlt das Geld." Die Worte "Ukraine", "Selenskyj", "Mörder" oder "Nazi" fallen an keiner Stelle.
Video zeigt nicht Selenskyjs Tochter
Eine Googlesuche mit den Begriffen "Selenskyj" und "Children" nach öffentlichen Informationen zur Familie des ukrainischen Präsidenten ergab, dass er zwei Kinder hat. Einen 2013 geborenen Sohn namens Kiril und eine 2004 geborene Tochter namens Alexandra.
Wolodymyr Selenskyj und seine Frau haben in sozialen Netzwerken Familienfotos veröffentlicht (hier, hier), auf denen beide Kinder zu sehen sind. Am 15. Juli 2019, also zwei Jahre nach Erscheinen des Youtubevideos, veröffentlichte der ukrainische Präsident auf seiner offiziellen Instagram-Seite ein Foto seiner Tochter zum 15. Geburtstag. Die echte Tochter sieht anders aus als die Frau aus dem Video. Sie hat etwa keinen Leberfleck auf der Stirn.
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Als russische Streitkräfte in der Ukraine einmarschiert sind, wurde Selenskyjs Familie aus Sicherheitsgründen an einen geheimen Ort gebracht, berichtete der US-Nachrichtensender CNN am 10. März 2022. Der ukrainische Präsident erklärte allerdings, dass seine Familie in der Ukraine geblieben sei.
Fazit: Die Behauptung, das auf Facebook geteilte Bild zeige aktuell die Tochter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, ist falsch. Das Bild stammt aus einem bereits 2017 veröffentlichten Youtube-Video, das eine Frau zeigt, die nicht "Alexandra Zelenskaya" ist. Auch spricht die Frau in dem Video weder von der Ukraine noch von einem "Mörder" oder "Nazi", sondern von einem iPhone.
10. Mai 2022 Bildunterschrift ergänzt