
Gefälschte saudische TV-Meldung über angeblichen Wohnungskauf Selenskyjs in Dubai im Umlauf
- Veröffentlicht am 2. Juli 2025 um 17:01
- 10 Minuten Lesezeit
- Von: Liesa PAUWELS, Maja CZARNECKA, AFP Niederlande, AFP Polen
- Übersetzung: Katharina ZWINS , AFP Österreich
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"Selenskyj kauft Wohnung in Dubai", schrieb ein User am 7. Juni 2025 auf Facebook. Dazu teilte er ein Video. Derselbe Clip wurde auch auf anderen Plattformen tausendfach geteilt. "Selenskyj hat ein weiteres Luxusnest für seine Familie gekauft, diesmal in Dubai. Das passiert, während er mit angeblichen Wundereinsätzen prahlt, um den Dritten Weltkrieg zu starten", schrieb ein X-Nutzer am 5. Juni 2025.
Das kurze Video auf Arabisch und Englisch ist wie ein Nachrichtenbericht eines saudischen TV-Senders gestaltet. Darin wird behauptet, dass sich die rund 186 Quadratmeter große Wohnung im elften Stock des 828 Meter hohen Wolkenkratzers Burj Khalifa mit 163 Etagen befinde. Der ukrainische Präsident habe das Apartment in Dubai im September 2024 zum 74. Geburtstag seiner Mutter gekauft.
Der Clip mit derselben Behauptung kursierte auch auf Polnisch. "Das staatliche saudische Fernsehen Al-Arabiya hat enthüllt, dass Selenskyj seiner Mutter zum Geburtstag eine Wohnung im Burj Khalifa-Wolkenkratzer für 3,2 Millionen US-Dollar gekauft hat", lautete ein Facebook-Beitrag vom 6. Juni 2025. Der Clip verbreitete sich zudem in Sprachen wie Ungarisch, Bulgarisch, Rumänisch, Niederländisch, Französisch sowie auf Englisch auf einem X-Konto, das AFP bereits überprüft hat, da es ähnliche falsche Informationen über angeblich von Selenskyj gekaufte Luxusimmobilien verbreitet hatte.

Das Video enthält jedoch zahlreiche Elemente, die auf eine Fälschung hindeuten.
Behauptung wird von prorussischen Accounts verbreitet
Die Behauptung wurde auch von zahlreichen prorussischen Seiten verbreitet. Die früheste von AFP gefundene Version des gefälschten Videos stammt vom 5. Juni 2025 und wurde auf dem russischen Telegram-Kanal "Voice of Mordor" sowie auf weiteren russischsprachigen Kanälen veröffentlicht. Zudem teilte es EADaily, ein weiteres kremlnahes Medium, das unter EU-Sanktionen steht.
Einige User veröffentlichten nur einen Screenshot aus dem Video mit derselben Behauptung. Einer von ihnen ist der spanisch-russische Journalist Pablo Gonzalez, der im Februar 2022 kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine in Polen wegen Spionageverdachts und Verbindungen zum russischen Militärgeheimdienst festgenommen wurde. Er teilte einen Screenshot des angeblichen "ursprünglichen Kaufvertrags" für die Wohnung im Burj Khalifa.
Es ist nicht das erste Mal, dass Selenskyj Ziel falscher Anschuldigungen ist, westliche Finanzhilfen für die Ukraine angeblich zu seinem persönlichen Vorteil veruntreut zu haben. Derartige Behauptungen werden gestreut, um ihn zu diskreditieren und die westliche Unterstützung für Kiew nach mehr als drei Jahren Krieg zu untergraben. AFP hat zuvor beispielsweise die Behauptung widerlegt, Selenskyj hätte eine Villa nahe Berlin gekauft, die einst Joseph Goebbels gehörte. AFP widerlegte zudem die Aussagen, Selenskyj hätte einen Mercedes, der Adolf Hitler gehört haben soll, gekauft, ein Luxushotel in einem französischen Skigebiet erworben, sowie eine Reihe von Luxusyachten gekauft.
Im Jahr 2021 – vor dem Beginn des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine – wurde Selenskyj tatsächlich in den sogenannten Pandora Papers genannt. Diese umfassende Untersuchung des Internationalen Netzwerks investigativer Journalistinnen und Journalisten beschuldigte Hunderte von Personen, Vermögenswerte in Offshore-Firmen zu verstecken. Die Untersuchung ergab, dass Selenskyj seit 2012 Offshore-Firmen mit Sitz in Belize besaß, von denen vermutet wurde, dass sie zum Kauf von drei Luxusimmobilien in London genutzt wurden.
Manipuliertes Video
Mehrere Ungereimtheiten deuten jedoch darauf hin, dass das Video, in dem behauptet wird, Selenskyj habe eine Luxuswohnung im ikonischen Burj Khalifa in Dubai gekauft, eine Fälschung ist.
Das Logo in der linken oberen Ecke des Videobildes, versehen mit dem Datum 4. Juni 2025, gehört zu Al-Arabiya, einem internationalen arabischsprachigen Nachrichtensender im Eigentum des saudischen Staates. Der Sprecher beginnt den Beitrag auf Arabisch mit den Worten: "Eilmeldung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj...". Doch nach vier Sekunden wechselt die Tonspur zu einer scheinbar KI-generierten Stimme auf Englisch, die angeblich die Worte des Nachrichtensprechers übersetzt: "Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll seiner Mutter, Rimma Selenska, zum Geburtstag eine Luxuswohnung im berühmten Burj Khalifa in Dubai geschenkt haben."
Doch ein solcher Bericht ist weder auf dem englischsprachigen Kanal von Al-Arabiya, noch auf seinen arabischen Kanälen, offiziellen Websites oder Social-Media-Accounts auffindbar. Auf AFP-Anfrage zu dem angeblichen Bericht bestätigte Dina Nimer, Leiterin der Medienabteilung von Al-Arabiya, am 16. Juni 2025 per E-Mail: "Das ist falsch."
AFP fand das Originalfragment, das in das manipulierte Video eingefügt wurde, auf dem offiziellen Youtube-Kanal von Al-Arabiya. In diesem Ausschnitt, der am 23. Februar 2025 ausgestrahlt wurde, sagt der Nachrichtensprecher bei Minute 43:20 exakt denselben einleitenden Satz: "Eilmeldung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj [...]". Statt jedoch von einem Immobilienkauf zu berichten, fährt er fort: "[...] erklärt, er sei bereit, vom Amt des Präsidenten zurückzutreten, wenn sein Land der Nato beitreten dürfe." Der restliche Beitrag berichtet dann ausführlich über Selenskyjs Erklärung.

AFP analysierte die Tonspur des manipulierten Clips mit dem Deepfake-Stimmen-Detektor Hiya, das im Verifikationswerkzeug InVID integriert ist. Die Analyse ergab, dass die angeblich englische Übersetzung mit hoher Wahrscheinlichkeit mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt wurde.

Der KI-Indikator des Tools schlägt nach vier Sekunden stark aus – genau in dem Moment, in dem die arabische Originaltonspur durch die englische Stimme ersetzt wird.
Gefälschter Kaufvertrag
Eine weitere Ungereimtheit im manipulierten Video ist ein Dokument, das bei Minute 00:39 eingeblendet wird. Es soll angeblich am 16. September 2024 von der Regierung von Dubai ausgestellt worden sein und trägt die Bezeichnung "Initial Contract of Sale" (Vorläufiger Kaufvertrag) zwischen Emaar Properties PJSC, dem Immobilienentwickler und Eigentümer des Burj Khalifa, und Rimma Selenska, der Mutter von Wolodymyr Selenskyj.
Laut dem im Video gezeigten Vertrag soll es sich bei der angeblich erworbenen Immobilie um "Armani Residences 017" handeln – mit dem angegebenen Immobilientyp Zwei-Zimmer-Wohnung ("2B/R"). Die Armani Residences bestehen insgesamt aus 144 Apartments, die sich in den Etagen neun bis sechzehn des Burj Khalifa befinden.

Mehrere Details deuten darauf hin, dass dieses Dokument gefälscht ist. Erstens ist die genaue Vertragsnummer des angeblichen Kaufs – 76421/2024 – in einigen Beiträgen erkennbar, in denen ein Foto des Dokuments in höherer Auflösung gezeigt wird.
Eine Abfrage dieser Vertragsnummer in der Datenbank der Dubai Real Estate Authority ergab jedoch eine andere Immobilie und Lage als im Vertrag angegeben: Es handelt sich um einen Grundstücksverkauf im Gebiet Hadaeq Sheikh Mohammed Bin Rashid, nicht um eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Gegend, in der sich der Burj Khalifa befindet.

Zweitens war Emaar Properties im September 2024, also zum Zeitpunkt des angeblichen Kaufs durch Selenskyj, nicht mehr Eigentümer der Wohnung im Burj Khalifa.
Die Immobilienagentur Fäm Properties in Dubai teilte AFP am 23. Juni 2025 mit, dass sie den Verkauf der betreffenden Zwei-Zimmer-Wohnung am 16. September 2024 betreut habe und erklärte, dass der online verbreitete Vertrag "nicht echt" sei.
Die Agentur lehnte es ab, die tatsächliche Eigentumsurkunde oder Käuferdaten offenzulegen – im Einklang mit Datenschutzrichtlinien für Kunden und den Vorschriften der Behörde Dubai Land Department (DLD). Gegenüber AFP erklärte sie jedoch: "Die in der Eigentumsurkunde genannte Immobilie wurde weder an Präsident Selenskyj noch an eines seiner Familienmitglieder verkauft."
Eine Recherche auf der Immobilienplattform dxbinteract.com ergab weitere Details zur Transaktion, darunter auch den Namen des zuständigen Fäm-Properties-Maklers: Rami Wahood. Er betreute den Verkauf.

Wie auf der Website ersichtlich ist, verkaufte der Entwickler des Burj Khalifa, Emaar Properties, die Wohnung bereits im März 2013 an einen nicht namentlich genannten Käufer. Im September 2024 wurde die Immobilie dann erneut von einer "Privatperson" auf den Markt gebracht.
In Dubai wird ein vorläufiger Kaufvertrag nur bei Immobilien verwendet, die sich noch im Bau befinden. Laut Fäm Properties dient ein solcher Vertrag dazu, das Eigentum vorübergehend durch die DLD-Behörde zu bestätigen, bis das Bauprojekt abgeschlossen ist. Beim Verkauf von fertiggestellten oder bestehenden Immobilien – wie es bei der Wohnung im Burj Khalifa der Fall wäre – wird hingegen ein anderer Vertragstyp verwendet, nämlich eine Eigentumsurkunde (auf Englisch: Title Deed).
AFP wandte sich außerdem an die Regierung von Dubai sowie an Emaar Properties für eine Stellungnahme. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels erging keine Antwort von beiden.
Video zitiert nicht belegten arabischen Nachrichtenbericht
In Minute 00:17 des manipulierten Al-Arabiya-Videos wird als Quelle eine arabische Website namens alchourouk.com angegeben. Dabei wird ein Screenshot eines Artikels über den angeblichen Wohnungskauf vom 2. Juni 2025 gezeigt, begleitet von einem Foto von Präsident Selenskyj und seiner Mutter.
In diesem Artikel heißt es: "Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seiner Mutter Rimma Selenska zum Geburtstag eine Luxuswohnung im Burj Khalifa in Dubai gekauft. Dieser Kauf reiht die Familie Selenskyj in die Elite ein, die im höchsten Turm der Welt wohnt. Berichten zufolge handelt es sich um eine 2000 Quadratfuß (rund 186 Quadratmeter, Anm. d. Red.) große Wohnung mit zwei Schlafzimmern im elften Stock, Teil der Armani Residences (entworfen von Giorgio Armani). Der Kauf erfolgte am 16. September 2024, dem 74. Geburtstag von Frau Selenska."
Al Chourouk, ein arabischsprachiges Medium mit Sitz in Tunesien, nennt für diese Angaben keine Quelle. AFP kontaktierte die Redaktion für eine Stellungnahme, erhielt jedoch bis zur Veröffentlichung dieses Faktenchecks keine Antwort. Andere arabischsprachige Medien, etwa in Ägypten, veröffentlichten denselben Artikel mit denselben Fotos.
Am 5. Juni 2025 erklärte das ukrainische Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation in einem Beitrag auf X, dass das Video "gefälscht" sei.
Fazit: Online kursiert ein Video, das angeblich einen Nachrichtenbericht des saudischen Staatsfernsehens über Selenskyjs Kauf einer Luxuswohnung in einem Wolkenkratzer in Dubai zeigt. Das ist falsch. AFP konnte das Originalfragment des TV-Senders Al-Arabiya ausfindig machen, in dem ein solcher Kauf nicht erwähnt wird. Zudem weisen verschiedene Ungereimtheiten im Video darauf hin, dass es sich um eine Fälschung handelt.