Es gab keine Razzia und keine fünf toten Soldaten der US-Army in Frankfurt

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  • Veröffentlicht am 1. Dezember 2020 um 17:11
  • Aktualisiert am 1. Dezember 2020 um 17:29
  • 3 Minuten Lesezeit
  • Von: Max BIEDERBECK, AFP Deutschland
Facebook-User verbreiten Anfang Dezember das Bild von fünf toten US-Soldaten, die angeblich bei der Sicherstellung eines Servers in Frankfurt getötet worden sein sollen. Diesen Einsatz hat es allerdings nie gegeben. Die gezeigten Soldaten starben bei einem Helikopterunfall am 12. November in Ägypten.

Das Posting samt Bild toter US-Soldaten taucht am 29. November auf Facebook auf, seitdem haben es hunderte User geteilt. In der Beschreibung dazu heißt es: "Das sind die 5 amerikanische Soldaten, die bei der Sicherstellung des Servers in Frankfurt erschossen wurden. R.I.P"

Auch ein Kreisverband der AfD greift die Aussage über die toten Soldaten Ende November auf. Sie werden so Teil einer sich bereits seit der US-Wahl entwickelten Verschwörungserzählung.

 

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Facebook-Screenshot: 01.12.2020

 

Seit der US-Wahl im November kommt es zu einer weltweiten Häufung an Falschinformationen über angeblichen Betrug im Zuge der Wahlen. Der noch amtierende Präsident Donald Trump selbst hat diese Gerüchte immer wieder befeuert. Mal entsorgen dutzende Lkw heimlich vermeintliche Stimmzettel in der Wüste, mal überführen angeblich geheime Wasserzeichen die demokratische Partei beim Wahlbetrug, mal zieht die Polizei angebliche Stimmzettel aus dem Gebüsch. In einer jüngsten Falschmeldung haben US-Behörden auch den Unternehmer George Soros wegen angeblicher Wahlmanipulation verhaftet. 

Die Razzia mit amerikanischen Soldaten, die es nicht gab

Eine weitere Spielart dieser Behauptungen ist ein angeblicher Einsatz gegen eine Server-Farm in Frankfurt am Main. Dort hätten Soldaten der US-Army mit Amtshilfe des deutschen Bundesjustizministeriums belastendes Material sichergestellt, heißt es in Facebook-Postings weltweit. Der angebliche Grund für diese Operation: Die Server eines spanischen Anbieters von elektronischen Abstimmungssystemen "Scytl" seien von der kanadischen Firma Dominion verwendet worden, die wiederum Technologie zur Stimmabgabe bei der US-Wahl lieferte. Dabei sei es zu einem illegalen Austausch von Stimmen zwischen den Kandidaten Joe Biden und Donald Trump gekommen. AFP hat diesen Mythos bereits im November überprüft und als falsch herausgestellt. 

Im Zuge dieser Recherche bestätigte sowohl das Landeskriminalamt (LKA) in Hessen, als auch das Bundesjustizministerium, dass es keinen Einsatz von US-Soldaten auf deutschem Boden gegeben und dass auch kein Rechtshilfeersuchen für einen solchen Einsatz vorgelegen habe. Auch das Unternehmen Scylt hatte bereits am 13. November Behauptungen über eine angebliche Razzia öffentlich dementiert. Ein Sprecher der US-Armee hatte der US-Nachrichtenagentur AP im November ebenfalls mitgeteilt: "Diese Anschuldigungen sind falsch".

AFP hatte am 18. November auch das LKA in Hessen zum angeblichen Einsatz gefragt. Sprecher Sebastian Wolf antwortete: "Das Hessische Landeskriminalamt hat die beschriebenen polizeilichen Maßnahmen weder durchgeführt oder unterstützt, noch haben wir davon Kenntnis."

Sprecher Maximilian Kall vom Bundesjustizministerium bestätigte außerdem am 19. November: “Es liegen keine Rechtshilfeersuchen der USA im Zusammenhang mit den Wahlen am 3. November 2020 vor. Es ist ebenso wenig zutreffend, dass im Zusammenhang mit diesen Wahlen Server in Deutschland sichergestellt wurden. Allgemein gilt, dass strafprozessuale Zwangsmaßnahmen in Deutschland nur durch deutsche Beamte durchgeführt werden dürfen, nicht durch ausländische Ermittler.”

Woher stammen die toten Soldaten?

Ein User unter dem gerade verbreiteten Bild-Post erwähnt eine öffentliche Mitteilung der U.S. Army vom 14. November 2020, wonach die fünf gezeigten Soldaten bei einem Helikopter-Unfall ums Leben gekommen seien. Dazu postet er den Link zu einem Blog-Artikel, der ihre Bilder in diesem Zusammenhang zeigt. 

Die Mitteilung der US-Army fand AFP daraufhin hier wieder. Sie bezieht sich tatsächlich auf den Unfall eines UH-60 Helikopters am 12. November in Ägypten. Alle darin genannten gestorbenen Soldaten tauchen unabhängig davon mit passendem Bild und Bezug auf den Unfall in einem privaten Verzeichnis von im Einsatz getöteten Soldaten  der "Military Times" auf: Darunter etwa Capt. Seth Vernon Vandekamp (hier) oder Chief Warrant Officer Dallas Gearld Garza (hier).

Fazit: Die Behauptung über angeblich während einer Razzia in Frankfurt/Main getötete Soldaten ist falsch. Erstens gab es diese Razzia überhaupt nicht, zweitens starben die gezeigten Soldaten bei einem Helikopter-Unfall.

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