Auch drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gibt es zahlreiche Desinformationskampagnen betreffend die Ukraine, ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ihre Staatsbürgerinnen und -bürger (AFP / Tetiana DZHAFAROVA)

Trumps Ukraine-Politik öffnet Desinformation Tür und Tor

US-Präsident Donald Trumps Kurswechsel in Bezug auf den Ukrainekrieg belastet die Beziehungen zu Kiew und droht, die Unterstützung für die vom Krieg gezeichnete Nation zu gefährden. Durch Trumps Politik nehmen auch Desinformationskampagnen gegen die Ukraine und ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu. 

Deepfakes, gefälschte Videos von ukrainischen Soldatinnen und Soldaten und falsche Berichte über Selenskyj, der Luxusimmobilien kaufe – einige dieser Desinformationsnarrative sind bereits seit Jahren im Umlauf. Nun sind sie online wieder aufgetaucht und schüren auch drei Jahre nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Ressentiments gegen das Land und seine Bevölkerung. Zu den bereits bekannten Desinformationsnarrativen kamen aber auch neue dazu – etwa die falsche Behauptung, Selenskyj habe Trumps Plattform Truth Social in der Ukraine verboten.

Fachleute sind der Meinung, dass ein Großteil der Desinformation, die nun in den USA verbreitet wird, zuvor von Russland in Umlauf gebracht wurde. Und dass sich einige der Einflusskampagnen, die ursprünglich die US-Wahl beeinflussen sollten, zunehmend auf den ukrainischen Präsidenten konzentrierten.

"Wir konnten ein bemerkenswertes Wiederaufflammen von Desinformationsnarrativen gegen die Ukraine in sozialen Medien in den USA beobachten. Von diesen sind offenbar viele wiederverwendete Inhalte aus früheren russischen Einflusskampagnen", sagte McKenzie Sadeghi, Analystin bei dem US-Journalistenprojekt NewsGuard, das sich auf eine Bewertung der Glaubwürdigkeit und Transparenz von Internetseiten spezialisiert hat. Die Behauptungen verschärften sich nach Trumps Angriffen auf Selenskyj, den er als "Diktator" bezeichnete. "Trumps Äußerungen scheinen das Interesse an Anti-Ukraine-Narrativen – das bereits abgeflaut war – neu entfacht zu haben", sagte Sadeghi gegenüber AFP.

Der Sohn des US-Präsidenten, Donald Trump Junior, und der konservative Influencer Kyle Becker verbreiteten einen längst widerlegten Deepfake, der Selenskyj beim Tanzen zeigte. Der republikanische Senator Mike Lee – ein weiterer Verbündeter Trumps – verbreitete zweifelhaftes Filmmaterial, das angeblich ukrainische Soldaten zeige, die ein Bild des US-amerikanischen Präsidenten in Brand setzen. Auf anderen prominenten X-Accounts wurde ein Clip geteilt, der angeblich das ukrainische Militär beim Verbrennen von Trumps Buch "Die Kunst des Erfolges" zeige.

Das ukrainische Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation bezeichnete beide Clips als "gefälscht" und sagte, sie seien inszeniert und "russische Propaganda".

Russische Einflusskampagne

Die Videos scheinen von einer russischen Desinformationskampagne namens "Storm-1516" zu stammen, so Darren Linvill. Er und sein Team von der Clemson University im US-Bundesstaat South Carolina deckten das Desinformationsnetzwerk im Jahr 2023 auf. Die Kampagne zielte zuvor auf die US-Wahl ab und beinhaltete inszenierte Videos, von denen einige angeblich Wahlbetrug zeigen sollten. Nach Angaben des Geheimdienstes stammten die Videos aus Russland.

Wie auch bei einigen anderen gefäschten Videos von "Storm-1516" sind in den beiden Clips zwar deutlich ukrainische Militärabzeichen zu erkennen, aber dafür "weder das Gesicht einer echten Person, noch Hinweise darauf, wo überhaupt gefilmt wurde", so Linvill.

Beide Videoclips wurden letztes Jahr durch Konten verbreitet, die laut Linvill häufig "Storm-1516-Videos" in Umlauf bringen. "Storm-1516-Fälschungen" haben viel gemeinsam: Sei es die Art und Weise, wie sie gemacht sind, das Narrativ, das sie übermitteln wollen oder wie sie verbreitet werden.

Keine echten Yachten

Auch Selenskyj und seine Frau wurden von der Operation "Storm-1516" verleumdet: Nach diesen Falschbehauptungen sollen sie verschwenderische Einkäufe machen, während die Ukraine auf militärische Unterstützung aus dem Westen angewiesen ist.

"Diese falschen Narrative tauchen jeden Monat in den Top-Suchergebnissen rund um Selenskyj auf", so Linvill. "Die Anzahl der Villen, die er laut 'Storm-1516' bis jetzt gekauft haben soll, ist unfassbar."

Die Behauptungen häuften sich erneut, nachdem Trump die Legitimität von Selenskyj in Frage stellte. Zwischen dem 18. und 24. Februar 2025 zählte NewsGuard fast 28.000 Social-Media-Beiträge und Artikel, in denen Selenskyj und entweder eine Villa, eine Yacht, ein Weingut oder ein Anwesen erwähnt wurden. Das sind mehr als 26 Mal so viele Erwähnungen wie in den vorangegangenen sechs Tagen, so Sadeghi.

Die Organisation berichtete, dass ein zum Kreml übergelaufener US-Amerikaner, der hunderte gefälschte Websites betreibt, seit Beginn des Krieges dazu beigetragen hat, 14 Narrative zu verbreiten, die darin bestehen, Selenskyj und seiner Frau der Korruption zu bezichtigen.

Joseph Bodnar, ein Mitarbeiter des Institute for Strategic Dialogue, sagte, dass die russischen Einflussbemühungen darauf abzielen, "die Feindseligkeit zwischen Trumps und Selenskyjs Regierungen zu fördern".

"Russland will die Verhandlungsverantwortlichen der USA davon überzeugen, dass die Ukraine ihr Feind und nicht ihr Partner ist. Dies ist ein Mittel für den Kreml, um bei jedweder Friedensregelung günstige Bedingungen zu erzielen."

Einige vermuteten, dass Elon Musk von russischer Desinformation beeinflusst wurde. Anfang Februar 2025 teilte der Milliardär – der von Trump mit der Kürzung der Staatsausgaben beauftragt wurde – einen erfundenen Bericht. In diesem hieß es, die USA hätten Prominente dafür bezahlt, Selenskyj in der Ukraine zu besuchen.

Dies ist die Quittung für die jahrelange russische Desinformation über die Ukraine, wie Linvill sagte. "Die Auswirkungen dieser andauernden Druckkampagne sind jetzt zu spüren."

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