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Gefälschter Nachrichtenbeitrag: Promis seien von USAID für Ukraine-Besuch bezahlt worden
- Veröffentlicht am 17. Februar 2025 um 16:39
- 9 Minuten Lesezeit
- Von: Bill MCCARTHY, AFP USA
- Übersetzung: Johanna LEHN , AFP Deutschland
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"USAID zahlte Millionen für die Promi-Besuche in der Ukraine, um Selenskyjs Popularität in der amerikanischen Bevölkerung zu steigern", hieß es in einem Telegram-Beitrag vom 6. Februar 2025. Dazu wurde ein 34 Sekunden langes Video geteilt, das den Anschein erweckt, ein Nachrichtenbeitrag der US-amerikanischen Boulevardwebsite E! News zu sein. Dem Video zufolge hätten Hollywoodstars wie Angelina Jolie, Orlando Bloom, Sean Penn, Ben Stiller oder auch Jean-Claude Van Damme mehrere Millionen Dollar von der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID bekommen, damit sie in die Ukraine reisen. Der angebliche Grund der Besuche sei gewesen, die Popularität des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anzukurbeln und so die Hilfsprogramme für die Ukraine im Krieg mit Russland besser zu koordinieren.
Auch der AfD-Politiker Maximilian Krah, der als fraktionsloser Abgeordneter im Europäischen Parlament sitzt, teilte die Behauptung zusammen mit einem Foto von Schauspieler Ben Stiller und Wolodymyr Selenskyj auf X. Die Behauptung wurde auch in anderen Beiträgen auf X und Facebook verbreitet sowie in zahlreichen anderen Sprachen wie Bulgarisch, Englisch, Französisch, Griechisch, Niederländisch, Polnisch, Slowakisch, Tschechisch und Ungarisch.
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Verschiedene Details deuten jedoch darauf hin, dass das Video kein echter Nachrichtenbeitrag ist. Außerdem wiesen erwähnte Prominente die Behauptung zurück.
In dem 34 Sekunden langen Video ist das Logo der Boulevardwebsite E! News zu sehen. Dem gefälschten Bericht nach soll USAID 20 Millionen US-Dollar an Angelina Jolie, fünf Millionen US-Dollar an Sean Penn, acht Millionen US-Dollar an Orlando Bloom, vier Millionen US-Dollar an Ben Stiller und 1,5 Millionen US-Dollar an Jean-Claude Van Damme gezahlt haben.
Die Beiträge mit dem gefälschten Video wurden geteilt, als Elon Musk ankündigte, er und US-Präsident Donald Trump hätten sich darauf verständigt, USAID schließen zu wollen. Musk leitet als externer Berater der Trump-Regierung die Abteilung für staatliche Effizienz "Department of Government Efficiency" (Doge), die nicht Teil des Regierungsapparats ist. Die Einrichtung soll Trumps Vorhaben vorantreiben, Personal und Kosten in den Bundesbehörden massiv zu reduzieren. USAID ist eine große US-Behörde, die seit Jahrzehnten Gesundheits- und Notfallprogramme sowie Initiativen zur Demokratieförderung in rund 120 Ländern, unter anderem in den ärmsten Regionen der Welt, finanziert hat.
Die Website der Behörde war zuvor zwischenzeitlich offline genommen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beurlaubt worden. Das führte zu Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Musks Vorgehen und dessen Auswirkungen auf Menschen in aller Welt, die von mit USAID verbundenen Programmen profitieren. Russland begrüßte die Maßnahmen gegen die Behörde, die das Land seit langem kritisiert. Ein US-Bundesrichter ordnete am 7. Februar 2025 an, den Plan der Regierung zu unterbrechen, 2200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde bezahlt zu beurlauben.
Das online geteilte Video und der Inhalt von angeblichen Zahlungen der US-Behörde an Schauspieler sind jedoch "nicht authentisch und stammen nicht von E! News", erklärte ein Sprecher des Mediums auf AFP-Anfrage in einer E-Mail vom 5. Februar 2025. Zwar besuchten alle im Video genannten Schauspielerinnen und Schauspieler die Ukraine. Für die Behauptung, sie hätten dafür Geld von USAID erhalten, gibt es unterdessen keine Beweise.
"Lügen stammen von russischen Medien"
Angelina Jolie, die regelmäßig Geld für humanitäre Projekte weltweit spendet, besuchte die Ukraine im Frühling 2022. Sie war zu diesem Zeitpunkt Sondergesandte des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), unternahm diese Reise allerdings als Privatperson, wie aus Berichten hervorgeht, die einen UN-Sprecher zitieren.
Sean Penn war ebenfalls im Jahr 2022 in der Ukraine und drehte eine Dokumentation über den Krieg und Selenskyj. Ben Stiller traf den ukrainischen Präsidenten im selben Jahr anlässlich eines Besuchs als Sonderbotschafter des UNHCR, Orlando Bloom im Jahr 2023 als UNICEF-Sonderbotschafter. Der belgische Schauspieler Van Damme besuchte die Ukraine 2022 – seinem Youtube-Kanal zufolge, um "eine Nachricht von Hoffnung und Frieden" zu überbringen.
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Stiller reagierte auf den gefälschten Nachrichtenbeitrag am 5. Februar 2025 mit einem Post auf X. Er schrieb, dass er für seinen Besuch in der Ukraine im Jahr 2022 selbst bezahlt habe, ohne dass Geld von USAID und "sicherlich keine persönlichen Bezahlungen" geflossen seien.
"Das sind Lügen, die von russischen Medien kommen", schrieb er in dem ersten seiner beiden Posts. "Ich habe meinen humanitären Besuch in der Ukraine komplett selbst finanziert. Es gab keine Finanzierung von USAID und keine Bezahlung irgendeiner Art. 100 Prozent falsch."
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Die UN-Flüchtlingshilfe erklärte in einer Pressemitteilung vom 6. Februar 2025, dass Stiller "nicht für seine Arbeit mit UNHCR entlohnt" werde und seine Reise selbst finanziert habe.
Die UN-Richtlinien für die Ernennung von Friedens- und Sonderbotschaftern gibt vor, dass diesen "kein Gehalt ausgezahlt werden soll, wobei ihnen eine symbolische Bezahlung von einem Dollar pro Jahr oder ein Äquivalent gewährt werden kann".
Stellvertretend für Penn erklärte sein Anwalt Mathew Rosengart gegenüber AFP am 6. Februar 2025, dass die Behauptungen über Zahlungen von USAID an den Schauspieler "komplett falsch" seien. "Es ist gefährlich und unverantwortlich, wenn jemand diese Propaganda und Falschinformationen nachplappert." Weiter erklärte Rosengart: "USAID-Mittel wurden nie für die Reise von Sean Penn in die Ukraine verwendet; Herr Penn hat seine Reise selbst finanziert." Darüber hinaus werde Penn "alle angemessenen rechtlichen Schritte einleiten", sollte es weiterhin zu derartigen Aussagen kommen.
AFP hat in der offiziellen Datenbank USAspending, in der Informationen zu Bundesausgaben der USA erfasst werden, keine Beweise dafür gefunden, dass die im Video genannten Prominenten Gelder von USAID erhalten hätten.
Darren Linvill, Co-Direktor des Media Forensics Hub der Clemson University im US-Bundesstaat South Carolina, schrieb am 5. Februar 2025 auf X, dass bei dem angeblichen Bericht von E! News "alles darauf hindeutet, dass es sich um ein von Russen gefälschtes Video handelt, das mit bekannten Methoden verbreitet wurde".
Linvill erklärte, dass einige der Accounts, die das Video zuerst auf X teilten, häufig Desinformation verbreitet hätten, die von der sogenannten russischen Propagandagruppe Storm-1516 stammten (hier archiviert).
Offizielle Kanäle von E! News lieferten keine Ergebnisse
AFP konnte das Video oder ähnliche Beiträge weder auf der Website von E! News, dessen Social Media-Kanälen noch durch eine Stichwortsuche finden.
Bis zum 17. Februar 2025 wurde die Ukraine im vergangenen Monat auf der Boulevardwebsite nur einmal erwähnt und zwar im Zusammenhang mit dem ersten Israel-Besuch von US-Außenminister Marco Rubio am 16. Februar 2025. Von dort aus reiste er einen Tag später nach Riad in Saudi Arabien. Dort kam er mit weiteren Regierungsvertretern aus den USA und Russland zusammen, um über eine Beendigung des Ukrainekrieges zu beraten. Die letzte Erwähnung der Ukraine auf dem X-Account von E! News stammt vom 18. November 2022. Eine Suche auf der Facebook-Seite des Mediums ergab ebenfalls keine relevanten Ergebnisse im Zusammenhang mit dem gefälschten Video.
Eine Suche nach "USAID" auf der E! News-Website lieferte nur Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Leichtathleten Usain Bolt, wie ein Artikel der US-amerikanischen Faktencheck-Organisation Lead Stories bestätigt. Auf dem X-Account von E! News fand AFP ebenfalls keine Ergebnisse im Zusammenhang mit USAID, ebenso wie auf dessen Facebook-Seite.
Das gefälschte Video enthält neben dem Logo von E! News mehrere Textboxen, die den visuellen Stil des Mediums nachahmen. Währenddessen ist eine weibliche Stimme zu hören, die den in den Boxen angezeigten Text spricht. In den Originalvideos von E! News erscheint jedoch in der Regel jeweils nur ein Textfeld, dessen Inhalt nicht gesprochen wird. Das Medium verwendet verschiedene Hintergrundmelodien oder den Originalton der Aufnahmen (Beispiele hier, hier, hier und hier). Diese Textboxen erscheinen nicht in jedem Video auf der Website oder den Social Media-Kanälen; wenn sie verwendet werden, enthalten sie in der Regel Untertitel oder kurze Ankündigungen.
Der Weg des gefälschten Beitrags
Das gefälschte Video verbreitete sich auf X, nachdem der Account "I Meme Therefore I Am" es am 5. Februar 2025 geteilt hatte. Dabei handelt es sich um einen bekannten konservativen Account, der schon zuvor Desinformation verbreitet hat, unter anderem über Wolodymyr Selenskyj.
Elon Musk teilte den gefälschten Nachrichtenbeitrag ebenfalls mit seinen mehr als 216 Millionen Followerinnen und Followern auf seiner Plattform X.
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Der älteste Sohn des US-Präsidenten, Donald Trump Jr., sowie Sidney Powell, ein ehemaliger Anwalt Trumps, verbreiteten die Falschinformation ebenfalls. Powell spielte eine Schlüsselrolle bei Trumps Versuchen, die Wahlergebnisse für 2020 anzufechten.
Das Video kursierte ebenfalls in russischen Telegram-Kanälen und wurde von dem staatlich unterstützten russischen Medium Pravda online verbreitet, wie AFP herausfand. Andrij Jermak, Leiter des Büros des ukrainischen Präsidenten, schrieb auf X, dass der jüngste Clip über die Bezahlung von Prominenten durch USAID "völliger Unsinn" sei. AFP kontaktierte Sprecherinnen und Sprecher von Jolie, Bloom und Van Damme, erhielt jedoch bis zur Veröffentlichung dieses Artikels keine Antwort.
Ähnliche Falschbehauptungen mit anderen Medien wie beispielsweise die BBC als angebliche Urheber von Beiträgen widerlegte AFP bereits in der Vergangenheit. Weitere Faktenchecks zu Falschbehauptungen über die Ukraine finden sich auf der AFP-Website.
Fazit: Bei dem Video über angebliche Zahlungen von der US-Behörde USAID an Prominente, damit sie die Ukraine besuchen, handelt es sich um einen gefälschten Nachrichtenbeitrag. Beschuldigte Hollywoodstars dementierten die Falschinformation. Auch das Boulevardmedium, das den Beitrag angeblich erstellt haben soll, wies die Behauptung zurück.