Kein Zusammenhang zwischen Coronaimpfung und Krebs

Die Ursachen von Krebs sind vielfältig und teilweise noch unklar. Coronaimpfungen gehören aber – anders als von US-Pathologe Ryan Cole behauptet – nicht dazu. Laut Expertinnen und Experten gibt es keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Coronaimpfung und einem solchen Krebsanstieg.

Bereits im August 2021 gab der US-Pathologe Ryan Cole der impfkritischen Organisation "Health Freedom Idaho" ein Interview, in dem er sagt: "Seit dem 1. Januar sehe ich im Labor einen 20-fachen Anstieg von Gebärmutterkrebs im Vergleich zu dem, was ich auf jährlicher Basis sehe." Als Quelle dafür nennt er eigene Beobachtungen.

Nachdem englischsprachige Seiten die Behauptung aufgegriffen hatten, titelte auch der wiederholt mit Falschinformationen aufgefallene "Wochenblick" damals: "mRNA-Impfungen schwächen Immunsystem. Schock: Pathologe stellt 20-fachen Anstieg von Krebs bei Geimpften fest". Ein Screenshot der Überschrift verbreitet sich aktuell erneut hundertfach auf zahlreichen Plattformen, etwa Facebook und X. "Das war zu erwarten und wurde von Bhakdi & Co. genauso vorausgesagt! Aber das konnte man damals natürlich nicht wissen, weil man die Kritiker und Skeptiker diffamiert und mundtot gemacht hatte", schrieb ein Nutzer Mitte April 2024 auf Facebook.

Auch ein Artikel der Website "pravda-tv", bei der es sich um ein organisiertes Netzwerk zur Verbreitung russischer Propaganda handelt, beinhaltet die Behauptung. Die Behauptung wurde hundertfach auf Facebook geteilt. Auf anderen Plattformen wie X wird die Aussage ebenfalls verbreitet. Die Behauptung kursiert auch auf deutschen Websites (etwa hier und hier). Sie findet sich auch auf englischsprachigen Seiten.

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Facebook-Screenshot der Behauptung: 29. April 2024

Der US-amerikanische Pathologe Ryan Cole hat in der Vergangenheit mehrere Falschbehauptungen im Zusammenhang mit der Coronaimpfung getätigt. AFP hat diese etwa hier und hier überprüft. Seit mindestens 2021 stellt Cole fälschlicherweise einen Zusammenhang mit der Coronaimpfung und Krebs her. AFP hat mehrfach Behauptungen diesbezüglich widerlegt (zum Beispiel hier und hier).

Cole ist Dermatopathologe aus dem US-Bundesstaat Idaho. Er war bereits Gegenstand mehrerer Beschwerden bei der zuständigen Approbationsbehörde, der Washington Medical Commission, unter anderem von zwei Patienten, bei denen er fälschlicherweise Krebs diagnostiziert hat. Laut Medienberichten vom Januar 2024 wurde die medizinische Zulassung von Cole im Bundesstaat Washington eingeschränkt. Staatliche Aufsichtsbehörden sind zu dem Schluss gekommen, dass Cole wissentlich Falschinformationen über Covid-19 verbreitet habe. Gegen medizinische Beweise, so der Vorwurf, habe er Coronapatienten virtuell Ivermectin verschrieben. Das Medikament wird als Mittel gegen Parasiten angewendet. Sein Einsatz bei Coronainfektionen wurde kontrovers diskutiert.

Keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Coronaimpfung und Krebs

Das Endometriumkarzinom ist auch unter dem Begriff Uteruskarzinom bekannt und bezeichnet einen bösartigen Tumor der Gebärmutter. Oft wird auch der ungenauere Begriff "Gebärmutterkrebs" verwendet. Laut Statistik des US-Krebsforschungszentrums National Cancer Institute (NIH) sind bei den Neuerkrankungen von Uteruskarzinomen seit etwa 15 Jahren ein geringfügiger Anstieg zu beobachten. Im Jahr 2019 gab es pro 100.000 Personen 29,1 Neuerkrankungen, 2020 waren es 26,6 und im Jahr 2021 wiederum 28,6. "Diese USA-weite Statistik spricht also gegen einen 20-fachen Anstieg der Fallzahlen nach Covid-19-Impfung", so Daniel Sauter, Professor am Institut für medizinische Virologie und Epidemiologie der Viruskrankheiten am Universitätsklinikum Tübingen, in einer E-Mail vom 29. April 2024.

John Sweetenham, stellvertretender Direktor für klinische Angelegenheiten am US-amerikanischen Krebstherapiezentrum Harold C. Simmons Comprehensive Cancer Center, erklärte gegenüber AFP im Zuge eines anderen Faktenchecks, dass Berichte aus dem Jahr 2021 zwar einen Anstieg neuer Krebsdiagnosen zeigen, die Raten dabei jedoch zwischen fünf und 15 Prozent liegen. "Es gibt keine Beweise dafür, dass der Anstieg der Krebsdiagnosen mit der Covid-Impfung zusammenhängt", erklärte Sweetenham in einer E-Mail an AFP vom 6. Dezember 2022. Er fügte hinzu, dass der Anstieg auch darauf zurückzuführen sei, dass viele Menschen auf dem Höhepunkt der Pandemie Krebsvorsorgeuntersuchungen oder die Aufarbeitung von Symptomen hinauszögerten, weil sie Bedenken hatten, Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen.

Zur konkreten Behauptung von Cole, dass er seit Beginn des Jahres 2021 einen 20-fachen Anstieg der Fallzahlen von Endometriumkarzinomen im Vergleich zum Jahresdurchschnitt beobachtet habe, schrieb Sauter: "Entsprechende Daten werden nicht genannt und sind meines Wissens auch nicht veröffentlicht." Zudem sei unklar, ob sich dieser Anstieg nur auf geimpfte Personen bezieht und ob es eine geeignete Vergleichsgruppe gibt. "Mir sind keine wissenschaftlichen Studien oder Veröffentlichungen bekannt, die auf einen Zusammenhang zwischen der Covid-19-Impfung und einem erhöhten Krebsrisiko hinweisen."

Auch Thorsten Fischer, Vize-Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und Vorstandsmitglied der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, schrieb AFP in einer Nachricht am 2. Mai 2024: "Unsere beiden Fachgesellschaften können nach gegenwärtigem Wissensstand ausschließen, dass es einen Zusammenhang von SARS-CoV-2 Impfungen auf die Inzidenz von Malignomen, auch auf die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs, gibt, im Gegenteil."

Auf AFP-Anfrage hieß es von Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in einer Nachricht vom 8. Mai 2024, dass es "keine Hinweise" auf eine Zunahme von Krebserkrankungen bei Personen, die gegen Covid-19 geimpft worden sind, gebe. "Aus Sicht des Paul-Ehrlich-Instituts stimmen diese Behauptungen nicht."

Coronaimpfung wird Krebserkrankten empfohlen

Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums sind Krebspatientinnen und Krebspatienten durch Covid-19 besonders gefährdet. Eine Impfung für Krebserkrankte wird explizit empfohlen.

Ulrike Protzer, Professorin und Direktorin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München, verwies in einer Nachricht an AFP vom 29. April 2024 auf die Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (Stiko) zum Thema. Daraus geht hervor, dass immundefiziente Personen jeglichen Alters ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben – wozu auch Krebserkrankungen zählen. Die Stiko empfiehlt eine jährliche Auffrischimpfung.

Zum Coronavirus und der Impfung kursieren seit dem Beginn der Pandemie zahlreiche Falschinformationen. Alle Faktenchecks zum Thema Covid-19 sammelt AFP hier. Alle Faktenchecks zum Thema Impfung finden sich hier.

Fazit: In einem Video behauptete der US-amerikanische Pathologe Ryan Cole, er habe einen 20-fachen Anstieg von Gebärmutterkrebs bei Personen festgestellt, die sich gegen das Coronavirus impfen ließen. Laut Expertinnen und Experten gibt es jedoch keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Vakzin und Krebs. Cole hat zudem bereits in der Vergangenheit mehrfach falsche Informationen zu Covid-19 geteilt.

Statement Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ergänztStatement Thorsten Fischer ergänzt
8. Mai 2024 Statement Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ergänzt
3. Mai 2024 Statement Thorsten Fischer ergänzt

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