Ein Kind bekommt im US-Bundesstaat Massachusetts eine Impfung verabreicht (AFP / Joseph Prezioso)

Irreführendes Video über Sechsfachimpfstoff Vaxelis kursierte online

Kombinierte Impfstoffe gegen mehrere Krankheiten werden von Gesundheitsbehörden weltweit für Kinder empfohlen, um die Anzahl der Impfungen zu verringern. In einem online geteilten Video wurde Ende April 2025 die Sicherheit des Sechsfachimpfstoffs Vaxelis angezweifelt. Fachleute erklärten jedoch, dass er in den USA seit seiner Zulassung im Jahr 2018 sicher verabreicht werde. In Deutschland ist er seit 2016 zugelassen. 

"WARNUNG: Neuer 6-in-1 Impfstoff für Babys & Kleinkinder", schrieb ein Nutzer in einem Facebook-Beitrag vom 24. April 2025. Darunter postete er ein Video eines Arztes, der vor dem Impfstoff Vaxelis warnt. Das Video wurde auch auf X und Tiktok verbreitet. Es kursierte zudem auf Englisch, Französisch, Kroatisch und Spanisch.

Der Mann im Video ist Jeffrey Barke, ein Gründungsmitglied der Gruppierung America's Frontline Doctors. AFP überprüfte bereits mehrfach Falschinformationen dieser Gruppierung.

Im Video liest Barke Abschnitte der Packungsbeilage von Vaxelis vor. Dabei handelt es sich um einen Impfstoff, der gleichzeitig vor Infektionen durch Keuchhusten, Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, durch das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B und Hepatitis B schützt.

"Es gibt keine einzige randomisierte kontrollierte Studie mit einem inerten Placebo. Es wurde nur im Vergleich zu anderen Impfstoffen getestet", sagt er und deutet damit an, dass dies Anlass zur Sorge gebe. Inert bedeutet, dass ein Stoff wenig mit anderen Stoffen reagiert.

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Instagram-Screenshot der Behauptung: 3. Juni 2025

Während Beiträge mit diesem Video in sozialen Medien kursieren, wollen Beamte des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums unter Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. die Art und Weise ändern, wie Impfstoffe in den USA getestet und zugelassen werden. Gleichzeitig weisen Expertinnen und Experten darauf hin, dass Falschinformationen über Impfstoffe im Internet verbreitet werden und möglicherweise zu sinkenden Impfquoten in den Vereinigten Staaten und Kanada beitragen.

Vaxelis ist jedoch nicht neu. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat das Produkt der Pharmaunternehmen Sanofi Pasteur und Merck für Kinder im Alter von sechs Wochen bis zu vier Jahren bereits im Dezember 2018 erstmals zugelassen. Es wird auch in Europa verabreicht, in Deutschland ist es seit 2016 zugelassen.

Kelly Moore, Präsidentin und CEO der US-amerikanischen gemeinnützigen Organisation Immunize.org, war Mitverfasserin der Stellungnahme zu Vaxelis des US-amerikanischen Beratungsausschusses für Impfpraktiken (ACIP). Dabei handelt es sich um ein Expertengremium, das Empfehlungen zum Impfplan für Kinder ausspricht. "Es ist ein ausgezeichneter Impfstoff", erklärte sie gegenüber AFP am 2. Juni 2025.

Im Februar 2019 berichtete der Beratungsausschuss, dass Vaxelis sechs klinischen Studien mit mehr als 5000 Säuglingen im Alter von sechs bis zwölf Wochen unterzogen wurde. Er kam zu dem Schluss: Die Studien hätten gezeigt, dass Vaxelis "ein akzeptables Sicherheitsprofil aufweist, das mit den darin enthaltenen Impfstoffen übereinstimmt".

Placebo-Tests wurden ausgelassen

Barke sagt richtigerweise, dass Vaxelis nicht gegen ein inertes Placebo getestet wurde. Expertinnen erklärten jedoch, dass es dafür einen Grund gibt: Es wäre unethisch gewesen, dies zu tun. Teilnehmerinnen und Teilnehmern an klinischen Studien muss die bestehende Standardbehandlung angeboten werden, sagte Moore. Es wäre "völlig unethisch", bestehende Impfstoffe vorzuenthalten, während ein Kombinationsprodukt getestet wird, das Bestandteile enthält, die bereits routinemäßig in diesen separaten Impfungen verabreicht werden, sagte sie.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich ebenfalls gegen Forderungen gewehrt, Impfstofftests zu ändern. "Die Sicherheit von Impfstoffen unterliegt extrem hohen Standards", sagte die Leiterin der WHO-Impfstoffabteilung Kate O'Brien am 1. Mai 2025 bei einer Pressekonferenz in Genf.

Sie betonte, dass der "Goldstandard" Placebo-Tests bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Krankheiten vorschreibt, für die es keine Immunisierungsmöglichkeiten gibt. Wenn Impfstoffe aber gegen neue Stämme oder als Kombinationsimpfstoff gegen mehrere Viren entwickelt werden, werden sie in der Regel getestet, um festzustellen, ob sie genauso wirksam oder wirksamer sind als die bestehenden Impfstoffe. O'Brien sagte, es wäre auch unethisch, Testpersonen anstelle von "lebensrettenden, bereits zugelassenen Impfstoffen" ein Placebo zu verabreichen.

Kombinierte Impfstoffe empfohlen

Barke führt in dem geteilten Video weiter in die Irre, indem er Abschnitt 13.1 der Packungsbeilage falsch interpretiert. Darin heißt es, dass Vaxelis nicht auf "karzinogenes oder mutagenes Potenzial oder Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit" untersucht wurde. Dieser Wortlaut findet sich in Dokumenten zu vielen Routineimpfstoffen, wie der US-amerikanische Gesundheitsdienstleister Novant Health auf seiner Website erklärt. "Dies bedeutet lediglich, dass keine weiteren Tests erforderlich waren, da toxikologische Studien in der vorklinischen Phase keine Anzeichen für Nebenwirkungen des Impfstoffs oder seiner einzelnen Bestandteile gezeigt haben", heißt es dort.

Zudem gibt es spezifische Richtlinien und Vorschriften, wann ein Hersteller Fertilitätsstudien durchführen muss. Da der Impfstoff nur für Kinder unter fünf Jahren zugelassen ist, würden Studien an trächtigen Tieren nicht durchgeführt, erklärte Kathryn Edwards, Expertin für Impfstoffkunde am Vanderbilt University Medical Center in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee.

"Diese Impfstoffe werden seit Jahrzehnten einzeln bei Millionen von Menschen angewendet, ohne dass Anzeichen für Unfruchtbarkeit aufgetreten sind", erklärte sie am 4. Juni 2025 gegenüber AFP. "Es gibt keinen biologischen Grund, warum man sich Sorgen machen sollte." Sechsfachimpfstoffe, darunter auch Vaxelis, wurden entwickelt, um die Anzahl der Injektionen für Kinder zu reduzieren, "die Belastung durch die Verabreichung mehrerer verschiedener Impfstoffe zu verringern und die rechtzeitige Verabreichung aller erforderlichen Impfstoffe sicherzustellen", erklärte Edwards. Auch die deutsche Ständige Impfkommission empfiehlt den Sechsfachimpfstoff für Kinder.

Nach der Zulassung eines Impfstoffs wird dessen Sicherheit weiterhin überwacht. "Kombinationsimpfstoffe haben sich als nicht reaktiver als separate Impfstoffe erwiesen, und es wurden keine langfristigen Komplikationen bei Kombinationsimpfstoffen beobachtet", erklärte Edwards. Solche Impfstoffe haben laut der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde (CDC) mehrere Vorteile, darunter höhere Durchimpfungsraten, weniger zusätzliche Arztbesuche und geringere Kosten für die Verteilung des Impfstoffs.

Guillain-Barré-Syndrom ist seltene Nebenwirkung bei Kindern

Barke hebt in seinem geteilten Video das potenzielle Risiko des Guillain-Barré-Syndroms hervor – einer Erkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die Nerven angreift und manchmal vorübergehende Lähmungen verursacht. Er weist auch auf das Risiko einer Apnoe, also einer Atemaussetzung, hin. Edwards sagte jedoch, dass das Guillain-Barré-Syndrom "bei Kindern sehr selten" auftritt. Das Cedars-Sinai Krankenhaus in Los Angeles gibt auf seiner Website zudem an, dass die meisten Kinder, bei denen das Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert wurde, "ohne Komplikationen vollständig genesen".

Rachel Greenberg, außerordentliche Professorin für Pädiatrie an der Duke University School of Medicine im US-Bundesstaat North Carolina, untersuchte das Apnoe-Risiko bei der Impfung von Frühgeborenen. "Zwar besteht nach der Impfung vorübergehend ein erhöhtes Apnoe-Risiko, doch ist das Risiko, an durch Impfungen vermeidbaren Atemwegsinfektionen und anderen Infektionen zu erkranken, für ungeimpfte Säuglinge weitaus höher", erklärte sie in einer Pressemitteilung zu ihrer Studie von Januar 2025.

Die häufigsten Nebenwirkungen, die nach einer Impfung mit Vaxelis gemeldet wurden, sind laut Website der Impfstoffhersteller Schmerzen oder Schwellungen an der Injektionsstelle sowie Fieber.

Melody Butler, Gründungsdirektorin der US-amerikanischen Organisation Nurses Who Vaccinate (zu Deutsch: Krankenschwestern, die impfen), sagte, Eltern, die das Risiko seltener, schwerwiegender Nebenwirkungen abwägen, sollten bedenken, wie viele Kinder immer noch an Krankheiten sterben, die durch Impfungen hätten vermieden werden können. "Wir sind so verwöhnt, dass wir gar nicht mehr wissen, was diese Krankheiten dem menschlichen Körper antun", sagte sie am 4. Juni 2025 gegenüber AFP. "Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass wir diese Krankheiten nicht direkt erleben."

Inhaltsstoffe sind erprobt

Barkes Video zielt auch auf die Inhaltsstoffe des Impfstoffs ab. Das ist eine Taktik, die regelmäßig von Aktivistinnen und Aktivisten eingesetzt wird, die ohne Beweise fälschlich behaupten, dass Impfungen gefährlich seien. In diesem Fall stellt Barke insbesondere die Inhaltsstoffe Aluminium und Formaldehyd in Frage.

Aluminium kommt natürlich in der Umwelt vor und wird vom Menschen über das Trinkwasser und durch bestimmte Lebensmittel, darunter Muttermilch und Säuglingsnahrung, aufgenommen. Aluminium stärkt die Immunantwort und reduziert die zur Immunisierung erforderliche Impfstoffmenge. Aluminiumhaltige Impfstoffe werden seit Jahrzehnten verwendet und wurden laut Angaben des US-amerikanischen Children's Hospital of Philadelphia bereits mehr als einer Milliarde Menschen ohne Probleme verabreicht.

Formaldehyd ist dem Krankenhaus zufolge "für den menschlichen Stoffwechsel unverzichtbar". In Impfstoffen wird es verwendet, um eine bakterielle Kontamination während der Herstellung zu verhindern. "Ein einziger Apfel oder eine einzige Birne enthält mehr Formaldehyd als ein Impfstoff", sagte Butler und bezeichnete die Restmengen, die während der Impfung in den Körper gelangen, als "vernachlässigbar".

Weitere Faktenchecks zu Impfungen sammelt AFP auf der Website.

Fazit: Der Sechsfachimpfstoff Vaxelis ist, anders als fälschlich behauptet wird, kein neuer Impfstoff. Er ist sowohl in den USA als auch in Europa seit vielen Jahren zugelassen. Expertinnen erklärten, dass der Impfstoff Keuchhusten, Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B und Hepatitis B sicher sei.

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