Nein, es gibt keine Verfassungsgerichtsurteile über die Corona-Testpflicht beim Besuch von Frisier-Salons

Tausende User verbreiten den Aushang einer österreichischen Friseurin auf Facebook. Darauf heißt es, ihr Salon dürfe laut einer Gerichtsentscheidung keine Corona-Testergebnisse von ihren Kundinnen und Kunden verlangen. Der Aushang ist echt, sein Inhalt stimmt aber weder für Österreich noch für Deutschland. Die Friseurin selbst hat ihren Fehler bereits bemerkt und das Schreiben gelöscht.

Der abfotografierte Aushang eines Friseurinnen-Salons in Niederösterreich hat sich seit dem 2. Februar tausendfach auf Facebook verbreitet (hier, hier, hier). Darauf zu lesen sind die Worte: "Liebe Kunden, laut Bundesverfassungsgericht dürfen wir von NIEMANDEM ein Testergebnis verlangen! Keiner unserer Kunden MUSS ein Testergebnis vorweisen! Es ist nicht relevant für einen Termin beim Friseur! Das wäre sonst eine Menschenrechtsverletzung! (...) Wir sind ab Dienstag 09.02.2021 wieder für euch da!" Dazu stehen in den Postings Kommentare wie "Hut ab und auf zum Haareschneiden” oder "a Friseur mit Herz, Haar und Hirn!"

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Facebook-Screenshot: 03.02.2021

Das genannte Datum des 9. Februar bezieht sich auf die anstehenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Österreich. Demnach dürfen ab dem 8. Februar Friseurinnen und Friseure ihre Salons dort unter Auflagen wieder öffnen. Zu diesen Auflagen gehört etwa ein negatives Corona-Testergebnis vor dem Besuch, nicht älter als 48 Stunden. Kundinnen und Kunden müssen es auf Papier oder digital im Salon vorzeigen, um bedient zu werden. (Mehr zu den Regelungen hier). Für diese neuen Maßnahmen erntete die Regierung in Österreich bei der Friseurinnung Kritik. Auch der jetzt verbreitete Aushang würde dazu passen.

Augenscheinlich ist an ihm allerdings bereits die Nennung des falschen Verfassungsgerichts, das die angebliche Menschenrechtsverletzung festgestellt haben soll. So zitiert das Posting das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und nicht den österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) in ihrem Aushang. Die Entscheidung eines deutschen Gerichts hat für Österreich allerdings keine Wirkung und somit wäre die Behauptung über die Corona-Tests bereits falsch.

AFP hat trotzdem noch einmal in Österreich beim VfGH nachgefragt. Eine Sprecherin antwortete am 3. Februar: "Der VfGH hat nicht festgestellt, dass niemand bei einem Friseurbesuch ein Testergebnis vorweisen müsse und alles andere eine Menschenrechtsverletzung wäre. Es gibt keine entsprechende Entscheidung des VfGH."

Wie ist die Lage in Deutschland? Weiterhin haben Friseurinnen und Friseure im Land noch mindestens bis zum 14. Februar geschlossen, der nächste Gipfel zu etwaigen Verlängerung der geltenden Corona-Maßnahmen sowie eine mögliche Folgeplanung findet erst am 10. Februar statt (mehr dazu hier). Ob und mit welchen Hygienekonzepten die Frisier-Salons dann wieder öffnen könnten, bleibt bislang unklar. Eine Maßnahme in Bezug auf einen Nachweis von negativen Corona-Tests wie in Österreich gibt es bisher jedenfalls nicht. Das Bundesverfassungsgericht kann sich mit einer solchen Regelung demnach auch noch nicht beschäftigt haben. Am 3. Februar sagte ein Sprecher zu AFP: "In Deutschland gibt es beim BverfG zwar unheimlich viele Eingaben zum Thema Corona-Maßnahmen, aber weder gibt es bisher die Testpflicht bei Friseuren noch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die sich darauf beziehen."

Schließlich erreichte AFP auch die Friseurin selbst. Sie antwortete am 3. Februar auf eine Anfrage: "Leider hab ich gestern den RIESEN GROßEN FEHLER gemacht und diesen Beitrag von einer Friseur-Kollegin kopiert! Mir wurde dann leider relativ schnell bewusst, dass es sich um eine deutsche Kollegin handelt und habe mein Posting umgehend gelöscht." Trotzdem verbreitet sich das Bild weiter in sozialen Medien.

Fazit: Der Aushang der Friseurin war echt, aber ein Fehler, den sie umgehend korrigierte. In Österreich gibt es zwar Kritik an den verlangten Corona-Tests, aber bisher keine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zum Thema. In Deutschland gibt es bisher weder die Pflicht zur Testvorlage noch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Thema.

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