
Warum Windenergie laut Experten eine effiziente Stromquelle ist
- Veröffentlicht am 7. Mai 2025 um 12:26
- 5 Minuten Lesezeit
- Von: Elena CRISAN, AFP Österreich
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Über Windkraft kursieren immer wieder falsche oder irreführende Informationen. So machte seit Jahresbeginn 2025 eine Behauptung über die Effizienz von Windparks die Runde auf Online-Plattformen. Darin hieß es: "In Deutschland decken ca. 30.000 Windräder ca. 3,2 % des Energiebedarfs ab."
Mehrere Userinnen und User teilten diese Gegenüberstellung auf Facebook, Instagram, Threads sowie auf X, die beweisen soll, dass Windkraft wenig Nutzen bringen würde.

Userinnen und User sprachen von "3,2 Prozent des Energiebedarfs", ohne näher darauf einzugehen, was sie mit "Energiebedarf" meinten. AFP kontaktierte Experten für eine Einordnung.
Wie misst man den Energieverbrauch eines Landes?
Wie viel Energie ein Land insgesamt verbraucht, wird von Expertinnen und Experten und von der Industrie als "Primärenenergieverbrauch" (PEV) definiert. Laut Eurostat, der Statistischen Behörde der EU, misst "der Primärenergieverbrauch ... den Gesamtenergiebedarf eines Landes". Das Umweltbundesamt definiert Primärenergie als den "rechnerisch nutzbaren Energiegehalt eines natürlich vorkommenden Energieträgers, bevor er einer Umwandlung unterworfen wird". Sowohl erschöpfliche Energieträger (Kohle, Erdöl oder Erdgas) als auch erneuerbare Energien (Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft) zählen zu den Primärenergieträgern.
In der Tat ist der Anteil der Windkraft in Deutschland am PEV nicht allzu weit von der Ziffer entfernt, die in den Postings genannt wird: Auf AFP-Anfrage teilte das Umweltbundesamt am 28. April 2025 mit, dass er im Jahr 2024 3,9 Prozent betrug. Die Zahl an Windkraftanlagen ist auch ungefähr richtig: Laut Windenergiestatistik des Beratungsunternehmens Windguard operierten in Deutschland Ende 2024 28.716 Windkraftanlagen an Land. Auf See waren 1639 Anlagen in Betrieb. Allerdings sagten die Experten, die AFP kontaktierte, dass der Anteil von Windkraft am PEV als Maßstab für deren Effizienz nicht geeignet sei.
Für Wolf-Peter Schill, Forschungsbereichsleiter beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Sitz in Berlin, ist der Primärenergieverbrauch "keine entscheidende Größe" für das zukünftige erneuerbare Energiesystem. Und die Behauptung, dass 30.000 Windräder 3,2 Prozent des Energiebedarfs abdecken würden, sei "irreführend".
Der PEV komme "aus einem fossilen Energiesystem", erklärte der Energieökonom im Gespräch mit AFP am 30. April 2025.
In einem solchen System würden bei der Umwandlung von Primärenergie in Strom, Fernwärme oder Kraftstoffe – beispielsweise in Kraftwerken oder Raffinerien – bis zu 60 Prozent der eingesetzten Primärenergie durch Abwärme verloren gehen. Solche Umwandlungsverluste würden beim PEV mitgerechnet werden.
"Bei Windenergie gibt es solche Verluste nicht, und der Wind für die Stromerzeugung ist kostenlos," sagte Schill. Deswegen sei der PEV als Kennzahl für die Effizienz erneuerbarer Energiequellen "ungeeignet", erläuterte Schill.
Windkraft aktuell wichtigste Öko-Stromquelle
Die Windenergie an Land und auf See leistete im Jahr 2024 mit einem Ertrag von 138,9 Milliarden Kilowattstunden (kWh) den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wie das Umweltbundesamt aufzeigte. Das entspricht knapp 27 Prozent des gesamten Bruttostromverbrauchs Deutschlands 2024, also jener Strommenge, die in Deutschland im Jahr verbraucht wird.
Insgesamt wurden im abgelaufenen Jahr 2024 der Bundesnetzagentur (Stand Januar 2025) zufolge 431,7 Terrawattstunden (TWh) Strom erzeugt. Gemessen an der Gesamterzeugung entfielen 254,9 TWh – oder zirka 59 Prozent – auf erneuerbare Energieträger. Onshore-Windanlagen (an Land) trugen zu 25,9 Prozent und Offshore- Windanlagen (auf See) zu 5,9 Prozent zur Gesamtstromerzeugung bei, so die Bundesnetzagentur.

Ähnliche Zahlen errechnete auch das Statistische Bundesamt: Der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung betrug 31,5 Prozent im Jahr 2024, wie das Amt am 12. März 2025 mitteilte. Damit sei "die Windkraft die wichtigste Energiequelle in der inländischen Stromerzeugung".
Wie ein Windrad zur Stromversorgung beiträgt
Eine Windkraftanlage wandelt Wind zu erneuerbarer Stromenergie um. Wie das funktioniert, veranschaulichte AFP im folgenden Video.
Gemessen am Primärenergieverbrauch sei "im Grunde der Stromsektor relativ klein", erklärte Schill. So betrug der Anteil des Bruttostromverbrauchs am Primärenergieverbrauch im Jahr 2023 knapp 18 Prozent. Ein klimafreundliches Energiesystem beruhe "auf einer hohen Elektrifizierung".
Eine bessere Vergleichsgröße ist der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch, sind sich Energieökonom Schill und ein Sprecher des Umweltbundesamts einig. Das ist jene Energie, welche die Industrie oder private Haushalte aus dem Energiesystem verbrauchen. Im Jahr 2024 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch gemäß der Zahlen der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energie-Statistik (AGEE-Stat) 22,4 Prozent. Davon machte Onshore Windenergie 4,9 Prozent aus. Gemäß EU-weiter Klimaziele soll der erneuerbare Anteil bis 2030 auf 30 Prozent steigen.
Stimmung gegen die erneuerbare Energiequelle machten in der Vergangenheit vor allem rechtspopulistische Gruppierungen. Die aktuelle Behauptung wurde am 11. April 2025 von der Alternative für Deutschland (AfD) im Landkreis Mayen-Koblenz geteilt. Im Nachbarland Österreich stellt sich beispielsweise die Schwesterpartei FPÖ gegen Windkraft. Im südlichsten Bundesland Kärnten ließ sie Anfang 2025 gegen den Ausbau von Windparks abstimmen. AFP berichtete.
Weitere Faktenchecks zum Thema Windkraft finden sich auf der AFP-Website.
Fazit: Die online weit verbreitete Aussage, dass Windkraft nur "3,2 Prozent des Energiebedarfs" abdecken würde, führt laut Experteneinschätzung in die Irre. Windkraft kam in Deutschland im Jahr 2024 für ein knappes Drittel der Stromerzeugung auf.