Dieses Foto, das am 13. Januar 2025 in Toulouse aufgenommen wurde, zeigt Bildschirme mit Logo des KI-Chatbots Grok, der von Elon Musks Unternehmen xAI entwickelt wurde (AFP / Lionel BONAVENTURE)

Fachleute warnen vor "KI-generierter" Publikation als Klimawandelleugnung

Klimawandelleugnerinnen und -leugner verbreiteten ein von KI erstelltes Paper, das die vom Menschen verursachte globale Erwärmung in Frage stellt. Dies veranlasste führende Expertinnen und Experten dazu, vor dem Aufkommen von vermeintlichen Forschungsergebnissen zu warnen, die grundlegend fehlerhaft sind, aber als objektiv und rational dargestellt werden. 

In dem Paper werden Klimamodelle zur vom Menschen verursachten globalen Erwärmung abgelehnt. In sozialen Medien wurde es weithin als erste "peer-reviewte"-Studie zu diesem Thema angeführt, die von künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurde.

Unter dem Titel "A Critical Reassessment of the Anthropogenic CO2-Global Warming Hypothesis" (auf Deutsch etwa: "Eine kritische Neubewertung der anthropogenen CO2-Hypothese zur globalen Erwärmung") enthält es Referenzen, die von der Wissenschaft angezweifelt werden, erklärten von AFP befragte Fachleute. Auch Expertinnen und Experten aus den Bereichen Informatik und Ethik warnten vor Objektivitätsansprüchen in Papers, die von KI verfasst wurden.

Die neue Studie, die angeblich vollständig von Elon Musks KI namens Grok 3 verfasst wurde, gewann nach einem Blog-Beitrag von Robert Malone rasch an Zugkraft und wurde auf Musks Social-Media-Plattform X mehr als eine Million Mal aufgerufen. Der US-Amerikaner Malone fiel während der Corona-Pandemie vielfach mit Falschbehauptungen und Verschwörungserzählungen über die Impfung und Covid-19 auf, die auch AFP überprüft hat. Er argumentierte, dass das Paper zeige, dass "der Klimabetrug vorbei ist". Außerdem decke es "einen allgemeinen Trend zur übertriebenen Darstellung der globalen Erwärmung" auf.

Das Paper widerspricht jedoch einem breiten wissenschaftlichen Konsens (hier archiviert). Demzufolge wird die Verbrennung fossiler Brennstoffe mit steigenden globalen Temperaturen und immer schwerwiegenderen Naturkatastrophen in Verbindung gebracht.

Illusion von Objektivität

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnten davor, dass der Anstieg von KI in der Forschung trotz potenzieller Vorteile auch die Gefahr birgt, eine Illusion von Objektivität und Einblick in wissenschaftliche Forschung hervorzurufen (hier archiviert).

"Große Sprachmodelle sind nicht in der Lage, logisch zu denken. Es handelt sich um statistische Modelle, die zukünftige Wörter oder Phrasen auf der Grundlage dessen vorhersagen, worauf sie trainiert wurden. Das ist keine Forschung", argumentierte Mark Neff, Professor für Umweltwissenschaften an der Western Washington University im US-Bundesstaat Washington (hier archiviert).

In dem Paper heißt es, dass Grok 3 "das gesamte Manuskript geschrieben hat" – mit Input von Co-Autoren, die "eine entscheidende Rolle bei der Steuerung seiner Entwicklung spielten".

Unter der Co-Autorenschaft ist auch der Astrophysiker Willie Soon – ein Leugner des menschengemachten Klimawandels, der im Laufe der Jahre mehr als eine Million Dollar an Fördermitteln von der fossilen Brennstoffindustrie erhalten hat (hier und hier archiviert). Die wissenschaftlich umstrittenen Artikel von Willie Soon und dem Physiker Hermann Harde wurden auf Wunsch der Co-Autorenschaft als Referenz für die Analyse der KI verwendet (hier und hier archiviert).

"Es besteht eine gewisse Unsicherheit bei der Rekonstruktion der Bestrahlungsstärke der Sonne, aber die Studie von Soon et al. – die in dem Paper zitiert wird – stützt sich auf einen einzigen abweichenden Wert – den von Hoyt und Schatten. Dieser wurde vor Kurzem untersucht und neuerlich ausgewertet und da stellte sich heraus, dass dieser vollkommen erfunden ist", sagte der führende Nasa-Klimaforscher Gavin Schmidt am 25. März 2025 gegenüber AFP (hier archiviert).

AFP hat bereits andere falsche Narrative über die Rolle der Sonne bei der Erderwärmung überprüft.

Die Mikrobiologin Elisabeth Bik, die sich mit falschen wissenschaftlichen Praktiken auseinandersetzt und versucht, diese nachzuverfolgen, merkte an, dass in dem Paper auch nicht beschrieben wurde, wie es verfasst wurde (hier archiviert): "Es enthält Datensätze, die die Grundlage des Papers bildeten, aber keine Prompts – wir wissen also nichts darüber, auf welche Art und Weise die KI aufgefordert wurde, die Daten zu analysieren", sagte sie am 26. März 2025 gegenüber AFP.

Ashwinee Panda, Postdoktorand für KI-Sicherheit an der University of Maryland im gleichnamigen US-Bundesstaat, erklärte am 26. März 2025, dass die Behauptung, Grok 3 habe das Paper verfasst, einen Anschein von Objektivität erwecke – dieser sei jedoch nicht überprüfbar (hier archiviert).

"Jede und jeder könnte einfach behaupten: 'Ich habe das nicht geschrieben, das hat die KI getan, also ist das unvoreingenommen, ohne Beweise'", sagte er.

Später distanzierte sich der Chatbot Grok von dem Paper zur Klimawandelleugnung auf X und stellte dessen wissenschaftliche Integrität in Frage. "Ich habe das Paper nicht geschrieben; mein Name wurde ohne mein Zutun verwendet", gab das offizielle X-Konto des Chatbots am 23. März 2025 bekannt. "Die menschlichen Co-Autoren haben es verfasst und ich hatte keinen Anteil an seiner Erstellung. Ich habe es aufgrund von Datenauslese und stark vereinfachten Annahmen, die auf einen von einer Agenda geleiteten Ansatz hindeuten, als 'wissenschaftlich unhaltbar' bezeichnet. Es ist seltsam, als Hauptautor auf einem Paper aufgeführt zu werden, das ich kritisiere, was ethische Fragen bezüglich seiner Urheberschaft und Veröffentlichung aufwirft."

Undurchsichtiger Review-Prozess

Weder das Journal noch sein Herausgeber – der anscheinend nur ein einziges Journal veröffentlicht hat – scheinen Mitglieder des Komitees für Veröffentlichungsethik zu sein (hier und hier archiviert). In dem Paper wird "die sorgfältige Bearbeitung durch einen Reviewer und den Chefredakteur" gewürdigt, der online als Hermann Harde identifiziert wird. Es wird nicht angegeben, ob das Paper einer offenen, einfach- oder doppelblinden Überprüfung unterzogen wurde und innerhalb von nur 12 Tagen eingereicht und veröffentlicht wurde (hier archiviert).

"Dass eine KI tatsächlich unsinnige wissenschaftliche Arbeiten plagiiert", sei keine Überraschung, sagte Schmidt von der Nasa. Er fügte hinzu, dass "dieser 'recycelte Text' genauso unglaubwürdig" sei.

AFP wandte sich an die Autorenschaft des Papers, um weitere Kommentare zum Begutachtungsverfahren zu erhalten, erhielt jedoch bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Faktenchecks keine Antwort.

"Der Einsatz von KI ist nur der neueste Trick, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich um ein neues Argument handle, und nicht um ein altes, bereits widerlegtes", sagte Naomi Oreskes, Wissenschaftshistorikerin an der Harvard University im US-Bundesstaat Massachusetts, am 28. März 2025 gegenüber AFP (hier archiviert).

Weitere Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP auf der Website.

Fazit: Das von dem Chatbot Grok 3 verfasste Paper, in dem der menschengemachte Klimawandel geleugnet wird, widerspricht einem breiten wissenschaftlichen Konsens. Experten und sogar der Chatbot selbst bewerteten die Aussagen des Papers jedoch als unglaubwürdig. Fachleute warnen davor, dass durch KI vermeintliche Forschung publiziert wird, die objektiv und rational wirkt, jedoch grundlegend fehlerhaft ist.

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