Corona-PCR-Tests reagieren nicht auf Grippeviren

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Hunderte Facebook- und Zehntausende Telegram-User haben seit Ende Januar eine Behauptung geteilt, wonach ein neuer Corona-Test des französischen Diagnostikunternehmens Biomerieux zum ersten Mal Corona- von Grippeviren unterscheiden könne. PCR-Tests für Sars-Cov-2 konnten aber von Beginn an druchaus Corona- von Grippeviren unterscheiden, weil sie auf letztere gar nicht reagieren.

Hunderte User teilten die Aussage zur vermeintlichen Test-Neuheit auf Facebook (hier, hier, hier). Zehntausende sahen die Behauptung außerdem auf Telegram, wo sie schon seit Dezember 2020 kursiert (hier, hier, hier). Manche dieser Postings basieren auf einem Bericht des rechtspopulistischen österreichischen Portals Wochenblick aus dem Dezember 2020.

Im aktuell geteilten Screenshot steht: "Das französische Diagnostikunternehmen Biomerieux freut sich, die Zertifizierung für neuartige Corona-Tests erhalten zu haben. Damit soll es bald möglich sein, das Corona-Virus von einer Grippe zu unterscheiden, berichtet der ORF. Das wirft Fragen auf: Konnten wir Corona bisher nicht einmal von Grippeviren unterscheiden? Sie hören richtig: Bisher war es nicht möglich, Erkältungsviren von Sars-Cov-2 in Testverfahren zuverlässig zu unterscheiden."

Facebook-Screenshot: 08.02.2021

AFP hat zunächst nach den Aussagen in Bezug auf einen Online-Artikel des Österreichischen Rundfunks ORF gesucht. Die Suche zeigte sowohl den Artikel selbst als auch eine bereits existierende Überprüfung der Behauptung durch die Faktencheck-Redaktion von Correctiv.

Im ORF-Artikel heißt es: "Das französische Diagnostikunternehmen Biomerieux hat nach eigenen Angaben die Zertifizierung für den Verkauf eines Tests erhalten, mit dem eine Coronavirus-Erkrankung von einer Grippe unterschieden werden kann. (...) Die Möglichkeit, auf Influenza zu testen, gibt es seit Langem. Neu an dem nun entwickelten Test ist, dass er mögliche Infektionen auf mehrere Viruserkrankungen auf einmal abprüft." Es existiert noch ein weiterer Artikel des ORF zum Thema mit der Überschrift: "Firma will mit Grippe-Covid-Kombitest punkten".

Biomerieux selbst schrieb bereits in einer Ankündigung des neuen Tests im November 2020, es gehe dabei um den gleichzeitigen Nachweis von Grippe- und Coronaviren in einem Testverfahren. Konkret heißt es: "Darüber hinaus wird das Unternehmen demnächst einen Hochdurchsatztest vorstellen, der den gleichzeitigen (Multiplex-)Nachweis von Influenzaviren A und B und SARS-CoV-2 ermöglicht, inklusive einer Zellkontrolle zur Evaluierung der Qualität der Probennahme."

Andere Tests konnten das neuartige Coronavirus also durchaus nachweisen, neu ist nur die Gleichzeitigkeit, die jetzt auch eine zusätzliche Überprüfung auf Grippeviren möglich macht. Dass eine Unterscheidung bisher nicht möglich gewesen sei, behaupten weder Biomerieux noch der zitierte ORF-Artikel.

AFP hat bereits in der Vergangenheit Behauptungen widerlegt, wonach PCR-Tests falsch auf Influenza-Viren ausschlagen könnten (In der Überprüfung ging es konkret um Grippe-Impfungen). 

Am 24. November 2020 schrieb dazu Christian Bogdan, Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) und Inhaber des Lehrstuhls für Mikrobiologie und Infektionsbiologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, an AFP: "Eine COVID-19-PCR erfasst keine Influenzaviren (ganz andere Gruppe von Viren) und schon gar nicht einen Influenza-Impfstoff. Eine erregerspezifische PCR wird immer so entwickelt, dass andere Erreger nicht erfasst werden."

AFP hatte damals außerdem beim Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) nachgefragt. Er vertritt einen Großteil der deutschen Unternehmen, die PCR-Tests bereitstellen. Sprecherin Gabriele Köhne sagte: "Die angewendeten PCR-Tests sind darauf ausgelegt, die typische Signatur des Gen-Strangs von Coronaviren zu erkennen. Bei der Grippe fehlt genau dieser Baustein, deswegen kann auch ein Test nach der Impfung gegen die Grippe nicht positiv ausschlagen."

Schließlich bestätigte auch der Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Jörn Wegner, bereits im November gegenüber AFP: Mit der PCR-Methode werde eine vorher klar definierte DNA-Sequenz vervielfältigt. "Da im Fall von COVID-19 die DNA eines Coronavirus vervielfältigt wird, ist es bereits ausgeschlossen, dass der PCR-Test außerhalb seiner sehr geringen Fehlertoleranz auf Influenzaviren reagiert, da Influenzaviren nicht aus der Familie der Coronaviren, sondern aus der der Orthomyxoviren stammen." Genetisch unterschieden sie sich komplett.

Fazit: Der Test von Biomerieux bietet die Möglichkeit, einen Patienten gleichzeitig auf Grippe- und auf Coronaviren zu überprüfen. Das bedeutet nicht, dass bisherige PCR-Tests nicht zwischen Grippe und Corona unterscheiden konnten. Im Gegenteil, die Tests reagieren nur auf Corona- und nicht auf Grippeviren. 

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