Nein, dieses Zitat stammt nicht von Außenminister Heiko Maas

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  • Veröffentlicht am 5. März 2021 um 09:12
  • Aktualisiert am 15. März 2021 um 08:45
  • 3 Minuten Lesezeit
  • Von: Max BIEDERBECK, AFP Deutschland
Hunderte User auf Facebook und Tausende auf Telegram haben seit Anfang März ein vermeintliches Zitat von Heiko Maas (SPD) geteilt. Der Außenminister habe gefordert: Lebensmittelhändlerinnen und -händler sollten ihre Kundschaft nur noch unter Vorlage eines Impfpasses bedienen. Maas hat sich allerdings nur zweimal in Bezug auf Impfungen und Grundrechte öffentlich geäußert, dabei fiel dieser Satz nicht. Auch das Außenministerium dementiert seine vermeintliche Aussage.

Knapp 600 Facebook-User haben das Zitat seit dem 3. März auf Facebook geteilt (hier). Mehr als 6000 Menschen sahen es allein hier auf Telegram. Demnach soll Maas gesagt haben: "Um die Impfbereitschaft aller Bürger zu fördern, sollten wir auch Lebensmittelhändler verpflichten, nur gegen Vorlage vom Impfpass, Waren zu verkaufen. Denn in der Not werden auch die Uneinsichtigsten einsichtig werden."

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Facebook-Screenshot: 04.03.2021 (Facebook-Screenshot: 04.03.2021)

Die Diskussion um einen Corona-Impfpass hat in Deutschland erneut Fahrt aufgenommen, seitdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) Anfang März angekündigt hatte, noch im selben Monat einen Gesetzentwurf für einen "digitalen grünen Pass" für Corona-Geimpfte in Europa vorlegen zu wollen. Wie dieser Impfpass genau funktionieren wird, ist bislang noch nicht klar.

Etwa ist offen, ob das Dokument Erleichterungen nur bei Reisen oder auch beim Besuch von Restaurants oder Veranstaltungen bringen wird. In Israel sind mit einem solchen "grünen Pass" bereits Vorteile für Geimpfte verbunden. In der EU würden die einzelnen Mitgliedsstaaten über die genaue Ausgestaltung entscheiden (mehr dazu hier und hier). Das Zitat von Heiko Maas zum Lebensmittelhandel würde in eine solche Debatte um die Ausgestaltung der Impfpass-Rechte und -Pflichten passen. Es ist aber nie gefallen. 

AFP hat zunächst mit allen im vermeintlichen Zitat genannten Stichwörtern danach gesucht, fand aber weder für Maas noch für andere deutsche Politikerinnen und Politiker relevante Treffer.

Maas bezog in der Debatte um Impfungen zweimal prominent Stellung. Einmal im Bezug auf mögliche Impfpässe am 28. Februar gegenüber der "Bild am Sonntag" (hier, hier). Einmal am 17. Januar, als sich der Außenminister für die Rückgabe von Grundrechten an Geimpfte ausgesprochen hatte, ebenfalls in der "Bild am Sonntag" (hier, hier).

Am 28. Februar sagte Maas:

"Wir sollten schon jetzt mit Hochdruck am europäischen Impfpass arbeiten – am besten digital auf dem Smartphone. Wir haben zu oft in dieser Pandemie wichtige Zeit verloren, weil wir für absehbare Probleme nicht frühzeitig Lösungen vorbereitet haben." Dieser Impfpass solle nach Möglichkeit im Sommer bereitstehen, sagte Maas.

Am 17. Januar sagte der Außenminister:

"Es ist noch nicht abschließend geklärt, inwiefern Geimpfte andere infizieren können. Was aber klar ist: Ein Geimpfter nimmt niemandem mehr ein Beatmungsgerät weg. Damit fällt mindestens ein zentraler Grund für die Einschränkung der Grundrechte weg."

Die Regierung schränke durch die Corona-Maßnahmen die Grundrechte von Menschen ein, die Geschäfte betreiben wie Restaurants, Kinos, Theater, Museen. "Die haben ein Recht darauf, ihre Betriebe irgendwann wieder zu öffnen, wenn es dafür eine Möglichkeit gibt. Und die gibt es, wenn immer mehr Menschen geimpft sind. Denn wenn erst mal nur Geimpfte im Restaurant oder Kino sind, können die sich nicht mehr gegenseitig gefährden", sagte Maas der "Bild am Sonntag".

Dementi aus dem Ministerium

Vor allem für diese ältere Aussage erntete Maas durchaus auch Kritik (etwa hier, hier). Von einer Auflage für den Lebensmittelhandel oder einem "einsichtig werden" sprach der Minister aber in beiden Debattenbeiträgen nicht.

AFP hat am 4. März beim Außenministerium nach dem aktuell geteilten Zitat gefragt. Ein Sprecher teilte in einer E-Mail mit: "Es handelt sich hierbei nicht um eine Äußerung des Außenministers, weder so noch in ähnlicher Form."

Die große Koalition samt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der Debatte mehrfach ausgeschlossen, dass es für Einrichtungen des alltäglichen Lebens eine Impfpass-Pflicht geben werde. Dazu zählen staatliche Einrichtungen wie Bürgerämter oder Rathäuser, der öffentliche Nahverkehr oder eben auch Lebensmittelgeschäfte (hier, hier, hier).

Fazit: AFP fand nur jeweils einen Beitrag von Heiko Maas zur Impfdebatte und eine weithin diskutierte Forderung nach Rückgabe von Grundrechten an Geimpfte. Die Aussage zum Lebensmittelhandel und einer damit verbundenen Erziehung der Bürgerinnen und Bürger taucht nirgends auf. Auch das Außenministerium dementierte, dass Maas diese Forderung je aufgestellt hat.

Korrektur, 15. März: AFP hat am 4. März, nicht am 4. Februar mit dem Außenministerium über das Maas-Zitat gesprochen, wie in einer früheren Version dieses Textes zu lesen war.

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