Es gab schon vor Corona-Impfungen Einverständnis-Formulare in Österreich
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- Veröffentlicht am 13. Januar 2021 um 11:34
- Aktualisiert am 13. Januar 2021 um 11:34
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- Von: Jan RUSSEZKI, AFP Deutschland
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Mehr als 26.000 Facebook-User haben den von Kickl selbst am 6. Januar geposteten Aussschnitt eines Interviews geteilt. Der FPÖ-Politiker gab es Moderator Niki Fellner in der OE24-Sendung "Fellner Live!" am 5. Januar. In seinem Posting-Text kommentiert der ehemalige österreichische Innenminister und Klubobmann der rechtspopulistischen FPÖ dieses Interview mit den Worten: "Im Zuge der Corona-Impfungen werden an die Impfwilligen 'Impf-Formulare' ausgehändigt. So etwas gab es bis dato noch nie." Er kommt weiter zum Schluss: "Das ist alles nur abenteuerlich und ein Skandal der Sonderklasse."
Diese Formulierung übernahmen andere User auf Facebook (etwa hier). Wieder andere teilten nur den Link zum Youtube-Video mit Kickl (etwa hier). Auch auf Telegram erreichte das Video Zehntausende Gruppen-Mitglieder (etwa hier und hier).
Einige Beiträge teilten mit Kickls Formulierung auch das vermeintlich neue Formular, um das es gehen soll (etwa hier).
Das auf Facebook geteilte Video ist ein Ausschnitt aus dem insgesamt 33-minütigen OE24-Interview, in dem Kickl sich kritisch zum Impfplan der österreichischen Bundesregierung äußerte. Kickl sagte darin, er würde sich selbst nicht impfen lassen.
Er zeigte darin auch das fragliche Formular, das nach seinen Worten die Vorerkrankungen der zu Impfenden abfrage und das Einverständnis zur Corona-Impfung einhole. Kickl zitiert daraus: "Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich die Gebrauchsinformation zum genannten Impfstoff gelesen und verstanden habe." Das sei laut Kickl eine "skandalöse" Neuheit. Er sagte: "Das alles gibt es bei anderen Impfungen nicht."
Ähnliche Formulare gab es schon bei früheren Impfungen
AFP hat das auf Facebook geteilte Formular am 7. Januar dem österreichischen Gesundheitsministerium per E-Mail geschickt. Das Ministerium bestätigte es als echt. Kickls Aussage betreffend des "Skandals" stellte sich allerdings als falsch heraus.
Es gab schon vor der Corona-Pandemie Einverständnisformulare, die ähnliche Formulierungen beinhalteten. AFP fand Beispiele dazu auf der Internetseite des Gesundheitsministeriums. Dort bietet das Ministerium mit Stand 26.03.2019 etwa eine Vorlage für Einverständniserklärungen für Impfungen an. Diese richten sich an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Schulärztinnen und -ärzte.
Ganz wie in dem von Kickl präsentierten Formular werden auch in dem aus dem Jahr 2019 stammenden Papier die Vorerkrankungen abgefragt und das Einverständnis zur Impfung eingeholt. Auch darin heißt es: "Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich die Gebrauchsinformation zum oben genannten Impfstoff sorgfältig gelesen und verstanden habe."
Standard-Vorgehen bei Impfungen
Die Vorlage unterscheide sich von dem geteilten Formular zwar etwas, was daran liege, dass es sich um ein allgemeines Formular handele, erklärte ein Ministeriumssprecher in der Antwort auf die AFP-Anfrage. "Eine solche Zustimmung erfolgt im Regelfall auch im Zusammenhang mit anderen Impfungen, wie etwa der Grippe-Impfung. Es handelt sich dabei um ein Standard-Vorgehen", heißt es in der E-Mail weiter.
Fazit: Herbert Kickl hat keinen Skandal bei der Einverständniserklärung zu Corona-Impfungen aufgedeckt. Er verbreitet dagegen die nachweislich falsche Behauptung, solche Formulare seien ein Novum, das es bei keiner früheren Impfung gegeben habe. Dabei gehören sie zum Standardverfahren bei Impfungen in Österreich.