Altes Video zweier israelischer Funktionäre fälschlich im Kontext des Iran-Israel-Kriegs geteilt

Israel griff den Iran am 13. Juni 2025 mit ballistischen Raketen an, worauf der Iran mit Angriffen reagierte. In der Nacht zum 22. Juni 2025 traten die USA mit Angriffen auf iranische Atomanlagen in den Krieg ein. In diesem Zusammenhang wurde ein Video eines Streits zweier Männer geteilt, das angeblich den israelischen Minister für nationale Sicherheit und den Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad zeigen soll. Letzterer soll die möglichen Vergeltungsmaßnahmen des Iran unterschätzt haben. AFP fand jedoch heraus, dass das Video aus dem Jahr 2022 stammt und darin nicht der Mossad-Direktor, sondern der damalige Minister Omer Bar-Lev zu sehen ist. Es zeigt einen Streit am Rande eines Anschlags.

"In den Ruinen eines Wohnviertels der israelischen Hauptstadt Tel Aviv (#TelAviv) kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem israelischen Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, und dem Chef des israelischen Geheimdiensts Mossad, David Barnea", hieß es in einem Telegram-Beitrag vom 20. Juni 2025. Dazu wurde ein Video geteilt, in dem sich zwei Männer in einer Menschenmenge auf Hebräisch streiten. Die Personen um sie herum filmen sie und halten ihnen Mikrofone hin.

Das Video wurde mit dieser Behauptung auch auf Facebook verbreitet und in anderen Sprachen wie Englisch, Französisch, Slowakisch und Spanisch

Die Beiträge suggerieren, dass im Video ein Streit unter israelischen Funktionären über die jüngsten Maßnahmen gegen den Iran zu sehen ist. Der Iran hatte auf israelische Angriffe vom 13. Juni 2025 ebenfalls mit militärischen Mitteln reagiert.

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Telegram-Screenshot der Behauptung, rotes Kreuz von AFP hinzugefügt: 23. Juni 2025

Bei den israelischen Angriffen am 13. Juni 2025 wurden laut iranischen Angaben unter anderem der iranische Armeechef Mohammed Bagheri und der Chef der Revolutionsgarden, Hussein Salami, getötet. Ayatollah Ali Chamenei, Irans geistliches Oberhaupt, drohte Israel daraufhin mit folgenschweren Konsequenzen.

Am 23. Juni 2025 hielt der iranisch-israelische Krieg weiterhin an: Israel bombardiert insbesondere Atomanlagen und militärische Einrichtungen im Iran. Erklärtes Ziel Israels ist die Zerstörung des iranischen Atomprogramms. Der Iran attackiert Israel mit Raketen und Drohnen. Die iranische Führung dementiert seit Jahren, Atomwaffen bauen zu wollen.

In der Nacht zum 22. Juni 2025 waren zudem die USA in den Krieg eingetreten, in dem sie iranische Atomanlagen angriffen. Auch Israel griff am 23. Juni 2025 nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim die Atomanlage Fordo an, die zuvor vom US-Militär bombardiert worden war. Zudem berichteten iranische Medien am 23. Juni 2025 von israelischen Angriffen auf die Stromversorgung in Irans Hauptstadt Teheran.

Israelischen Angaben zufolge seien bislang 24 Israelis durch iranische Angriffe getötet worden. Der Iran meldete zuletzt 400 Tote.

Das online geteilte Video hat jedoch mit dem Krieg zwischen Iran und Israel nichts zu tun und ist über drei Jahre alt. Zudem wird einer der Männer fälschlicherweise als Mossad-Direktor bezeichnet.

Video stammt aus 2022

Eine umgekehrte Bildsuche mit Standbildern des Videos führte zu einem Facebook-Post der israelischen Zeitung "Israel Hayom" vom 27. März 2022. Darin geht es um den Streit, der am selben Tag stattgefunden hat. Die Auseinandersetzung fand am Rande eines Terroranschlags in der israelischen Stadt Chadera statt, bei dem zwei Grenzpolizisten getötet wurden.

Über den Streit berichteten israelische Medien wie die Zeitungen "Times of Israel" oder "Israel Hayom". Ein Video der Auseinandersetzung wurde zudem von dem israelischen Fernsehsender IPBC in einem untertitelten Bericht auf Youtube veröffentlicht.

Den Artikeln zufolge handelt es sich bei einem der Männer um Itamar Ben Gvir, einem rechtsextremen israelischen Politiker, der Abgeordneter im israelischen Parlament Knesset war, als das Video aufgenommen wurde. Der zweite Mann ist der damalige Minister für öffentliche Sicherheit Omer Bar-Lev. In den aktuell geteilten Beiträgen wird er mit David Barnea, seit Juni 2021 Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad, verwechselt.  

Laut einem Transkript der Auseinandersetzung von der Zeitung "Times of Israel" und der Nachrichtenwebsite Maariv.co.il schrie Ben Gvir den Minister an: "Hören Sie auf! Sie sollten sich schämen! Sie sind der schlechteste Minister ... Sie haben die linksradikalste Person ausgewählt, die sie finden konnten, und haben sie zum Minister für öffentliche Sicherheit gemacht! Schämen Sie sich?"

Bevor Polizisten die beiden Männer trennen, entgegnete Bar-Lev: "Nein, ich schäme mich nicht. Sie sollten sich schämen! Sie sind ein Nichts!"

Die israelische Nachrichtenwebsite Srugim.co.il zitiert einen weiteren Satz von Ben Gvir: "Schämen Sie sich nicht? Sie sprechen von Gewalt der Siedler, während Juden ermordet werden."

Laut diesen israelischen Medienberichten gab es während der kurzen Auseinandersetzung der beiden Funktionäre nur persönlichen Beschimpfungen, den Iran erwähnten sie nicht.

Bar-Lev war nie Mossad-Direktor 

Omer Bar-Lev wird in den geteilten Beiträgen fälschlich als Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Barnea bezeichnet. Bar-Lev ist ein ehemaliger Soldat, der als Mitglied der israelischen Arbeitspartei erstmals 2013 im israelischen Parlament saß. Ab 2021 war er Minister für öffentliche Sicherheit. Nach der Wahl im Jahr 2022 war er kein Parlamentsmitglied mehr.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Originalvideos sowie während dessen Verbreitung im Jahr 2025 war David Barnea der Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad. Er ist dort seit 1996 tätig und steht seit 1. Juni 2021 an dessen Spitze.

Itamar Ben Gvir ist Israels Minister für nationale Sicherheit und Vorsitzender der rechtsextremen Partei Otzma Yehudit (Jüdische Stärke). Er ist bekannt für seine provokante Rhetorik, seine Unterstützung von Siedlungen im Westjordanland und seine häufigen kontroversen Handlungen. Seit dem 29. Dezember 2022 ist er Minister in der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, mit einer kurzen Unterbrechung im Frühjahr 2025.

Nach den Raketenangriffen des Iran auf Israel erschien Ben Gvir am Ort der Angriffe in der israelischen Stadt Bat Jam und bekundete nachdrücklich seine Unterstützung der Militäraktionen Israels. Er erklärte, Israel sei "verpflichtet", das Atomprogramm Teherans anzugreifen, und die Regierung stehe "im Reinen" mit den Folgen der Vergeltungsmaßnahmen des Iran. Laut "Times of Israel" lobte Ben Gvir die Sicherheitsdienste während seines Besuchs.

AFP überprüfte bereits weitere Falschinformationen zum Iran-Israel-Krieg, darunter ein Video eines Brandes, der fälschlich als Angriff auf ein Mossad-Quartier bezeichnet wurde.

Fazit: Ein Video zweier israelischer Funktionäre zeigt den Streit zwischen dem Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, und dem ehemaligen Minister für öffentliche Sicherheit, Omer Bar-Lev. Es wurde im Jahr 2022 aufgenommen und hat, anders als fälschlich behauptet, nichts mit dem Iran-Israel-Krieg zu tun, der im Juni 2025 ausbrach. Zudem wurde Bar-Lev fälschlich als Direktor des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Barnea, bezeichnet.

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