Nein, Corona-Testergebnisse stehen nicht im Vorhinein fest

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  • Veröffentlicht am 6. Januar 2021 um 09:00
  • Aktualisiert am 6. Januar 2021 um 09:09
  • 3 Minuten Lesezeit
  • Von: Rémi BANET
  • Übersetzung: Eva WACKENREUTHER
Seit Ende Dezember haben Hunderte Nutzerinnen und Nutzer ein Foto geteilt, das bereits vor der Anwendung festgelegte Ergebnisse von Corona-Tests beweisen soll. Das Bild zeigt allerdings nicht den Corona-Test selbst, sondern Kontrolltupfer des Pharmakonzerns Abbott, die zur Funktionskontrolle dienen.

Mehrere Hundert Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer haben seit Ende Dezember vergangenen Jahres das Bild des vermeintlich vorbestimmten Antigen-Tests gepostet (hier). Dazu stellten sie die Behauptung, die Ergebnisse stünden schon im Vorhinein fest: "Zwei Varianten werden verkauft einmal negativ und positiv", behauptet etwa ein Nutzer auf Facebook. "Die PCR Tests sind manipuliert. Die PCR Test Ergebnisse stehen schon vor dem Test fest", steht in einem Bild.

Manche Nutzer verweisen neben den angeblich manipulierten Tests auch noch auf ein Warnzeichen auf den Tests: "Unglaublich Originalverpackt und bereits mit Positiv und Negativ gekennzeichnet. Beim positiven Test ist sogar das Zeichen für Biowaffen aufgedruckt." Eine Nutzerin fürchtet: "Und das bekommst du dann in die Nase oder in den Rachen geschoben, damit das bereits verseuchte Teststäbchen dich krank macht."

Einige Nutzerinnen und Nutzer bezeichnen den Test als PCR-Test (hier). Antigentests und PCR-Tests sind aber nicht dasselbe: PCR-Tests untersuchen Proben auf das Erbgut des Corona-Virus und gelten laut Robert Koch-Institut deshalb als "Goldstandard" der Diagnostik. Im aktuell geteilten Bild sind Teile eines Antigentests des Herstellers Abbott zu sehen, die bestimmte Eiweißstrukturen nachweisen und damit weniger genau sind.

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Facebook-Screenshot: 04.01.2021

Die Postings sind kein Beweis für Manipulation. Wie an der Aufschrift auf der Verpackung zu erkennen ist, handelt es sich bei den Tests um Teile des sogenannten Panbio Antigen-Schnelltest-Kits des amerikanischen Pharmakonzerns Abbott. Im Bild sind Kontrolltupfer aus diesem Kit zu sehen, die Abbott seinen Kunden zur Überprüfung der korrekten Interpretation der Ergebnisse und Funktion seiner Tests zur Verfügung stellt. Damit will das Unternehmen gewährleisten, dass die Anwendenden den Test richtig benutzen, sie also korrekt vornehmen und Ergebnisse richtig ablesen können. Bei richtiger Anwendung liefert der positive Kontrolltupfer immer ein positives, der negative Kontrolltupfer ein negatives Ergebnis. Sie sind also sozusagen Bestandteil einer Art Übung vor den eigentlichen Tests.

AFP hat am 30. Dezember bei Abbott nach den Kontrolltupfern gefragt. Sprecherin Astrid Tinnemans sagte: "Jedem Testkit liegen ein positiver und ein negativer Kontrollabstrich bei, um sicherzustellen, dass der Test richtig funktioniert. Diese Kontrollabstriche werden nicht als Teil des Patiententests verwendet." Das sei Standard für die meisten diagnostischen Schnelltests auf der ganzen Welt.

Diese Kontrolltupfer werden auch in der Produktbeschreibung des Abbott-Tests erwähnt.

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Screenshot der Produktdetails des Panbio Antigentest von Abbott, Hervorhebung durch AFP: 04.01.2021

Im selben Beipackzettel steht außerdem: "Gute Laborpraxis empfiehlt die Verwendung von Positiv- und Negativkontrollen, um sicher zu stellen, dass Testreagenzien funktionieren, und der Test korrekt durchgeführt wird."

AFP hat außerdem bei der französischen Nationalen Akademie für Pharmazie zu den Kontrolltupfern nachgefragt. "Die Hersteller bieten Positiv- und Negativkontrollen an, um zu überprüfen, ob die Technik funktioniert hat. Wenn die Technik gut funktioniert hat, sollte die Positivkontrolle ein positives und die Negativkontrolle ein negatives Ergebnis liefern", bestätigte deren Virologin und ständige Sekretärin Liliane Grangeot-Keros. Die aktuell kursierenden Facebook-Beiträge bezeichnet sie als "Fake News".

Diese Art der Kontrolle sei "normal" und "absoluter Standard", sagte auch der Virologe Bruno Canard auf AFP-Anfrage. Er ist Forschungsleiter am französischen Forschungszentrum CNRS der Universität Aix-Marseille. Wenn ein Labor neue Tests erhalte, "gibt es ungenutzte Tests und es gibt zwei Kontrolltests (ein negativer und ein positiver), die als Referenz dienen und nicht benutzt werden. Sie sind nur als Referenz da." Damit stelle man sicher, dass die Tests funktionierten und kontroliere die richtige Interpretation der Ergebnisse von Tests, führte er aus.

Auf dieses Prozedere verweist auch ein französisches Krankenhauszentrum in Niort in einer Benutzungsanweisung für den Antigentest von Abbott: "Zur Kontrolle des Reagenzienkits werden bei jedem Öffnen einer neuen Charge von Schachteln eine Negativ- und eine Positivkontrolle (Abstrichtupfer werden in jeder Schachtel mitgeliefert) durchgeführt", steht dort auf Seite 5.

Und was hat es mit dem Piktogramm für Biogefährdung auf sich, das auf dem positiven Kontrolltupfer zu sehen ist? Abbott-Sprecherin Astrid Tinnemans erklärt dies folgendermaßen: "Der positive Kontrolltupfer enthält rekombinantes (in einem Labor verändertes) SARS-CoV-2-Nukleokapsidprotein, das nicht ansteckend ist", schrieb sie in ihrer Antwort an AFP.

Fazit: Die Testergebnisse von Antigentests stehen nicht im Vorhinein fest: Jeder Charge liegen lediglich Kontrolltupfer bei, mit denen medizinische Anwendende die korrekte Prozedur kontrollieren können. Sie dienen aber nicht der Anwendung an Patienten. Außerdem sind diese Kontrolltupfer nicht "verseucht", sie enthalten nur nicht ansteckende Proteine.

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