
Video zeigt Passagiere in Ankara, keine Ortskräfte aus Afghanistan
- Veröffentlicht am 14. März 2025 um 15:30
- 5 Minuten Lesezeit
- Von: Johanna LEHN, AFP Deutschland
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"Bundesregierung plant weiteren Charterflug mit gefährdeten Menschen aus Afghanistan", lautet die Überschrift eines Zeitungsartikels vom 12. März 2025. Es wird der dritte Charterflug mit Menschen aus Afghanistan in diesem Jahr sein. Kurz nach dem ersten Flug – er fand am 25. Februar 2025 statt – teilten Nutzerinnen und Nutzer ein Video von Männern in einem Gang eines Flughafens. Offiziellen Angaben zufolge waren von 155 Passagieren dieses Charterflugs rund 80 Frauen und Mädchen, etwa 60 Minderjährige und davon rund 40 unter zehn Jahren alt. Im Zusammenhang mit dem Video wurde online hingegen in Zweifel gezogen, dass so viele Frauen und Kinder an Bord waren und suggeriert, es seien nur männliche Passagiere gewesen.
"Die Ankunft der frisch eingeflogenen 155 Ortskräfte aus Afghanistan, von denen aber dann doch lediglich nur 5 tätsächlich Ortskräfte waren", hieß es in einem Telegram-Beitrag vom 28. Februar 2025. "Der Rest: Frauen und Kinder, wie wir sehen!" Das Video kursierte auch auf Facebook, Instagram, Tiktok und X. Auch die X-Nutzerin Naomi Seibt, deren die AfD befürwortender Beitrag zur wirtschaftlichen Lage Deutschlands und zur Weigerung der Parteien, mit der AfD zu kooperieren, vor Weihnachten 2024 von Elon Musk mit den Worten "Nur die AfD kann Deutschland retten" geteilt wurde, verbreitete das Video in einem englischen Post.

Das Video zeigt jedoch Passagiere eines anderen Fluges und wurde nicht in Deutschland aufgenommen.
Eine umgekehrte Bildsuche führte zu einer Version des Videos, das am 24. Februar 2025 auf Tiktok gepostet wurde. Somit kann es keine ankommenden Afghanen in Berlin am 25. Februar 2025 zeigen. Zusätzlich ist in dem Video auf Arabisch "Ankara - Kabul" und die Datumsangabe "24-02-2025" zu lesen.
Eine Stichwortsuche nach einem von der Bundesregierung veranlassten Charterflug am 24. Februar 2025 lieferte zudem keine Ergebnisse und führte nur zu Berichten über den Flug am 25. Februar 2025.
Durch die Scheibe des Gangs, den die Männer im Video entlang laufen, ist im Hintergrund ein Flughafengebäude erkennbar. Die Passagiere scheinen also auf dem Weg in ein Flugzeug und nicht gerade gelandet zu sein. Mithilfe der Videobeschreibung "Ankara - Kabul" fand AFP heraus, dass der Clip am Flughafen Ankara-Esenboga entstanden ist. Ein Abgleich mit Fotos des Flughafens zeigt darüber hinaus dieselben Streben in der Verglasung des Gebäudes wie im Hintergrund des Videos. Zudem ist am Ende des Videos ein Hinweisschild auf Türkisch erkennbar.

Auf der Website des Flughafens lassen sich die Ankünfte und Abflüge nachvollziehen. Am 24. Februar 2025 fand demnach tatsächlich ein Flug von Ankara nach Kabul statt, der um 0.30 Uhr Ortszeit startete. Das stimmt mit der Dunkelheit überein, die im geteilten Video herrscht.

Am 25. Februar 2025 landete ein Charterflugzeug mit 155 Afghaninnen und Afghanen in Berlin, wie Medien und eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in der Regierungspressekonferenz vom 26. Februar 2025 erklärten. Die meisten von ihnen seien demnach über das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan eingereist. Über dieses Programm können Ortskräfte – also Einheimische, die während des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan mit dem deutschen Militär zusammengearbeitet haben –, ihre Familienmitglieder, aber auch andere Afghaninnen und Afghanen, "die wegen ihres Engagements für ein demokratisches Afghanistan einer besonderen individuellen Gefährdung ausgesetzt sind", in Deutschland aufgenommen werden, erklären das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt online.
Ein weiterer Charterflug brachte am 5. März 2025 afghanische Ortskräfte, Aktivistinnen und Aktivisten sowie Journalistinnen und Journalisten nach Berlin, berichteten deutsche Medien. Demnach hätten sich an Bord des Flugzeugs aus dem pakistanischen Islamabad dem Bundesinnenministerium zufolge 132 Passagiere befunden. Die Mehrzahl seien ebenfalls Frauen und Kinder gewesen. CDU/CSU und AfD äußerten im Zuge der erfolgten Flüge Kritik am Bundesaufnahmeprogramm und forderten, das Programm auszusetzen. Gleichzeitig forderten sie mehr Abschiebungen nach Afghanistan. Unterdessen kündigte die Bundesregierung am 12. März 2025 laut Medienberichten einen weiteren Charterflug mit gefährdeten Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland an.
Fazit: Ein Video von zahlreichen Männer an einem Flughafen zeigt Passagiere in Ankara auf dem Weg nach Kabul, keine Ortskräfte aus Afghanistan bei ihrer Ankunft in Berlin. Das belegen das Veröffentlichungsdatum des Videos sowie Flugdaten. Der Charterflug mit 155 Passagieren aus Afghanistan landete am 25. Februar 2025 in Berlin. Der Großteil von ihnen waren offiziellen Angaben zufolge Frauen und Kinder.