
Trumps Rechtfertigung von Zöllen auf kanadische Waren im Faktencheck
- Veröffentlicht am 13. März 2025 um 13:16
- Aktualisiert am 13. März 2025 um 14:00
- 5 Minuten Lesezeit
- Von: Gwen Roley, AFP Kanada
- Übersetzung: Lisa-Marie ROZSA
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Laut Trump ist die wirtschaftliche Abhängigkeit Kanadas von den USA einer der Gründe, warum das Land der 51. US-Bundesstaat werden sollte. Am 4. März 2025 wurden hohe US-Zölle auf mexikanische und kanadische Waren eingeführt. Fachleute warnen davor, dass diese die Lieferketten stören und die Preise für Konsumentinnen und Konsumenten in die Höhe treiben könnten. Der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende kanadische Premierminister Justin Trudeau bezeichnete die Einführung der Zölle als eine "sehr dumme Aktion". Zugleich kündigte er an, dass Kanada mit eigenen Vergeltungszöllen in der Höhe von 25 Prozent auf Waren aus den USA reagieren werde.
AFP hat im Folgenden einige der Behauptungen des US-Präsidenten über Kanada auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft, darunter auch Falschdarstellungen über die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und die Situation an der Grenze.
Versorgung der USA mit Importen aus Kanada
Trump hat behauptet, dass Kanada 95 Prozent seiner "Produkte" aus den USA beziehe. Laut der kanadischen Bundesbehörde Statistics Canada ist diese Zahl für Kanadas Importgüter ungenau. Im Jahr 2024 stammten 62,2 Prozent der gesamten kanadischen Importe aus den USA, so hingegen die Bundesbehörde. Der Wirtschaftswissenschaftler Joseph Steinberg von der Universität Toronto in der kanadischen Provinz Ontario merkte jedoch an, dass "ein Großteil dessen, was kanadische Konsumentinnen und Konsumenten kaufen, im Inland produziert wird". Trumps Behauptung von 95 Prozent kann also nur dann glaubwürdig überprüft werden, wenn davon ausgegangen wird, dass er von Importen sprach.
"Wenn wir von Importen sprechen, machen die USA dann 95 Prozent aus? Nicht ganz, obwohl es sich dann schon um eine wirklich hohe Zahl handelt", so Steinberg. Statistics Canada gab außerdem an, dass im vergangenen Jahr 75,9 Prozent der Exporte Kanadas in die USA gingen.
US-Handelsdefizit
Bei seinem Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2025 behauptete Trump, die USA hätten ein Handelsdefizit von 200 bis 250 Milliarden US-Dollar gegenüber Kanada. "Das ist eine viel zu hohe Zahl", so Steinberg.

Das Amt des Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten und die Bundesbehörde United States Census Bureau (auf Deutsch etwa "Volkszählungsamt") bezifferten das Handelsdefizit mit Kanada Ende 2024 auf 63,3 Milliarden US-Dollar. Die kanadische Bundesbehörde Statistics Canada wies jedoch einen Überschuss im Handel mit den USA in der Höhe von 102,3 Milliarden kanadischen Dollar (70,3 Milliarden US-Dollar) aus.
Handelsdefizite seien jedoch keine Subventionen, und die Daten bestätigten nicht, dass die Vereinigten Staaten die kanadische Wirtschaft stützten, so Steinberg. "Der internationale Handel ist eine Transaktion zum gegenseitigen Nutzen", sagte er. "Die Vereinigten Staaten bezahlen Kanada für Produkte; sie würden nicht für diese Produkte bezahlen, wenn sie der Meinung wären, dass es sich in diesem Fall nicht lohnt." Er fügte hinzu, dass die US-Ölkäufe aus Kanada eine der Hauptursachen für das Handelsdefizit sind.
US-amerikanische Banken in Kanada
"Kanada erlaubt es US-Banken nicht einmal, dort eine Zweigstelle zu eröffnen oder Geschäfte zu tätigen", sagte Trump letzten Monat in einem Beitrag in sozialen Medien. Auch diese Behauptung ist falsch. Ausländische Banken, darunter auch US-amerikanische Finanzinstitute, unterliegen dem kanadischen Bank Act.
"Derzeit sind 16 in den USA ansässige Tochtergesellschaften und Zweigstellen von Banken mit einem Vermögen von rund 113 Milliarden kanadischen Dollar in Kanada tätig", heißt es in einer Erklärung der Canadian Bankers Association am 3. Februar 2025 auf X. Hier sind etwa JP Morgan Chase, CitiBank oder Bank of America zu nennen. Diese haben Niederlassungen in den meisten größeren kanadischen Städten und bieten Finanzdienstleistungen an, darunter auch die Vergabe von Unternehmens- und Geschäftskrediten.
Die meisten US-Finanzinstitute in Kanada sind in einer Unternehmenskategorie registriert, in der sie bestimmten Beschränkungen unterliegen, darunter etwa hohe Mindesteinlagen. Ein paar wenige US-Banken haben auch Tochtergesellschaften in Kanada gegründet – diese werden wie kanadische Banken reguliert.
Grenzschutz funktioniert laut Fachleuten
Die Regierung Trumps erklärte, dass die Verbesserung des Grenzschutzes ein zentrales Thema in ihren Beziehungen zu Kanada ist. Trump behauptete, dass Migrantinnen und Migranten ohne geregelte Aufenthaltsgenehmigung sowie die Droge Fentanyl massenweise über die Grenze strömen würden.

Kelly Sundberg, Kriminologin an der Mount Royal University in der kanadischen Stadt Calgary, sagte, es gebe keine Beweise für Trumps Behauptungen über Fentanyl. Daten zeigen nämlich, dass weniger als ein Prozent des tödlichen Opioids, das in die USA gelangt, aus Kanada stammt.
Nach Angaben der US-amerikanischen Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) wurden von über 21.800 Pfund (9900 Kilogramm) Fentanyl, die im Geschäftsjahr 2024 von Beamtinnen und Beamten abgefangen wurden, bloß 43 Pfund in der Nähe der nördlichen Grenze zu Kanada beschlagnahmt.
Daten der CBP zufolge nahmen US-Grenzschutzbeamtinnen und -beamte im Geschäftsjahr 2024 außerdem 23.721 Personen fest, die illegal die kanadische Grenze überquerten. Im vergangenen Jahr kamen Beamtinnen und Beamte der CBP landesweit mit mehr als 1,5 Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung in Kontakt.
"Kanada ist in den meisten Bereichen – vor allem betreffend Waffen, Drogen [und] illegale Migration – einer größeren Bedrohung durch die USA ausgesetzt als umgekehrt", so Sundberg. Er fügte hinzu, dass eine Lockerung der kanadischen Drogengesetze den Eindruck erwecken könnte, dass illegale Substanzen in die USA gelangen.
Weitere Faktenchecks betreffend Kanada sammelt AFP hier.
Fazit: Trumps Behauptungen zur Rechtfertigung von Zöllen auf kanadische Waren sind ungenau oder falsch. Die angebliche wirtschaftliche Abhängigkeit Kanadas, sowie Behauptungen zu Drogenhandel und illegaler Migration konnte AFP ebenfalls widerlegen.
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