Dieser vermeintliche AfD-Gründungsvertrag mit Angela Merkels Unterschrift ist ein Fake

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte die AfD wiederholt. Nichtsdestotrotz kursiert derzeit im Internet eine altbekannte Falschmeldung, wonach Merkel die AfD gegründet hätte, um Stimmen von Nichtwählenden für die CDU zu gewinnen. Doch der angebliche Gründungsvertrag mit Merkels Unterschrift ist gefälscht.

Ein vermeintlicher Beweis, die ehemalige Bundeskanzlerin und langjährige CDU-Vorsitzende Angela Merkel sei die eigentliche Gründerin der AfD, zirkuliert aufs Neue. "Es geht nur um die schwindende Wahlbeteiligung, denn nur nichtwählen ist der Weg in die Freiheit", schrieben Userinnen und User auf Facebook, Instagram und Telegram im Vorfeld der Bundestagswahl 2025.

Sie teilten ein Foto mit einem Auszug aus dem vermeintlichen Gründungsvertrag der AfD, den Merkel am 6. Februar 2013 in Berlin unterzeichnet haben soll: "Wer die AfD tatsächlich gründete", lautete die Schlussfolgerung der Nutzerinnen und Nutzer. Angeblich sei im Papier ebenfalls festgelegt, dass die AfD im Fall einer planmäßigen Auflösung in die CDU übergehe. Angela Merkel könne ebenfalls jederzeit ohne Zustimmung der AfD-Mitglieder Änderungen am Vertrag vornehmen.

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Telegram-Screenshot der Behauptung: 18. Februar 2025

Doch das ist Fiktion. Das Bild des von Angela Merkel unterzeichneten Dokuments ist nicht authentisch, wie AFP bereits im September 2021 feststellte. Auch das Faktencheck-Team der dpa widerlegte die Falschmeldung im Februar 2025.

AfD als Gegenposition zu Merkel gegründet

Die AfD wurde am 6. Februar 2013 gegründet. An diesem Tag trafen sich laut verschiedenen Berichten Mitglieder des innerhalb der CDU entstandenen Vereins "Wahlalternative 2013" im hessischen Oberursel, wo sie die Gründung der neuen Partei "Alternative für Deutschland" beschlossen. Deshalb kann die formelle Gründung nicht in Berlin unterzeichnet worden sein, wie die geteilten Posts suggerieren. Der Parteisitz wurde erst nach dem ersten Parteitag am 14. April 2013 in die deutsche Hauptstadt verlegt. Damals wurden Bernd Lucke, Konrad Adam und Frauke Petry zu gleichberechtigten Sprechern des Parteivorstandes gewählt. Lucke und Alexander Gauland, der ebenfalls den vermeintlichen Gründungsvertrag unterzeichnet haben soll, waren vorher in der CDU gewesen.

An der Gründung der AfD beteiligten sich demnach Kritikerinnen und Kritiker der damaligen CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine Hauptforderung der AfD zu Beginn war die Auflösung der Währungsunion und damit die Abschaffung des Euro. Selbst der Parteiname war eine Anspielung auf eines von Merkels Zitaten aus 2010, als sie die Rettung des Euro als "alternativlos" bezeichnet hatte. 

Eine erweiterte Websuche mit den Stichwörtern "AfD", "Gründungsvertrag" und "Merkel" führte zu einem satirischen Beitrag der Website "Der Postillon". Der Artikel wurde dort bereits am 28. April 2016 veröffentlicht. Auf seiner eigenen Website schreibt "Der Postillon": "Alles, was im Postillon steht, ist Satire und somit dreist zusammengelogen. Alle auftauchenden Charaktere sind fiktional, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig."

Ein Vergleich der verwendeten Unterschrift Merkels mit jener, die auf Wikipedia zu finden ist, zeigt eine genaue Übereinstimmung. Der verbreitete Screenshot zeigt dennoch keinen echten Gründungsvertrag.

Eine weitere Behauptung im Screenshot lautete, dass die AfD laut Gründungsvertrag im Fall einer planmäßigen Auflösung in die CDU übergehe. Damit gehe "das Wählerpotenzial rechts von CSU/CDU nicht verloren". Dem steht die tatsächliche Parteisatzung aus 2013 entgegen. Auch in der aktuellen Bundessatzung der AfD fand AFP keine Hinweise für eine solche Klausel.

Auch AfD-Mitgründerin Frauke Petry, die sich inzwischen aus der Politik zurückzog, dementierte die Behauptung im Jahr 2016 auf Facebook, wie mehrere Medien berichteten. Inzwischen ist der Post nicht mehr auffindbar.

Angela Merkel äußerte sich zu "Brandmauer"

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 steht die Debatte um die "Brandmauer" gegen die AfD im Fokus. Der Begriff beschreibt eine klare Abgrenzung zwischen demokratischen Parteien und der vom Verfassungsschutz als teilweise rechtsextremistisch eingestuften Partei. Die Union unter Kanzlerkandidat Friedrich Merz brachte im Januar 2025 einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag ein, der mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekam. Ein zweiter Antrag eines "Zustrombegrenzungsgesetzes", der den Familiennachzug einschränken sollte, wurde abgelehnt. 

Das gemeinsame Votum von Union und AfD führte zu Protesten in mehreren deutschen Städten.

Auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel befand die gemeinsame Abstimmung mit der AfD "für falsch". So vertrete die AfD zum Ukrainekrieg Positionen, "die weit entfernt sind von meinen", sagte die ehemalige Kanzlerin in einem Interview am 6. Februar 2025: "Ich gehe so weit, dass sehr, sehr viele dort die Demokratie, so wie wir sie kennen und schätzen, nicht wollen. Die AfD macht etwas, was aus meiner Sicht ganz scharf abzulehnen ist", sagte Merkel weiter. Denn die AfD würde definieren, wer das Volk sei. "Die AfD ist für mich kein Partner", so Merkel.

AFP hat mehrere Falschbehauptungen im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2025 überprüft.

Fazit: Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel war nicht Gründerin der AfD. Merkel grenzte sich mehrmals politisch von der Partei ab. Der angebliche Gründungsvertrag samt Merkels Unterschrift ist gefälscht und stammt von einer Satire-Website.

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