Mélenchon von der Neuen Volksfront hat nicht versprochen, Arabisch als Amtssprache in Frankreich einzuführen

Bei der Parlamentswahl in Frankreich am 7. Juli 2024 fuhr das links-grüne Bündnis Neue Volksfront (Nouveau Front Populaire, NFP) einen Wahlsieg ein. Zur NFP gehört auch die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) mit ihrem Vorsitzenden Jean-Luc Mélenchon. Nach der Wahl wurde über ihn online fälschlich behauptet, er habe während der Siegesfeier versprochen, dass Arabisch eine offizielle Sprache in Frankreich werde. Tatsächlich gibt es keine Aufzeichnungen über solche Äußerungen. Die Maßnahme ist zudem nicht Teil des Wahlprogramms der NFP.

"Der Vorsitzende der Volksfront, Jean-Luc Mélenchon, VERSPRICHT, dass Arabisch nach dem heutigen Wahlergebnis eine OFFIZIELLE Sprache in Frankreich wird", schrieb ein User nach der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich am 7. Juli 2024 auf X. "'VIELE muslimische Brüder haben für uns gestimmt.' Möge Gott Frankreich retten; Denn das Volk wird es nicht tun", heißt es in dem Posting weiter. Dazu teilte der Nutzer ein Foto des Chefs der linkspopulistischen LFI, Jean-Luc Mélenchon.

Auch auf Facebook wird die Aussage verbreitet. Ähnliche Behauptungen kursieren zudem auf Spanisch und Englisch.

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Screenshot der Behauptung auf X: 11. Juli 2024

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach dem triumphalen Wahlsieg des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) und der krachenden Niederlage der ihn unterstützenden Liste bei der EU-Wahl im Juni 2024 Neuwahlen ausgerufen. Diese fanden am 30. Juni 2024 und am 7. Juli 2024 statt.  

Das Ergebnis war die Bildung von drei politischen Blöcken, die jeweils nicht die absolute Mehrheit erreichten und deren Programme kaum miteinander vereinbar sind: Die Neue Volksfront, die auf gut 190 Abgeordnete kommt, das in der Mitte angesiedelte Regierungslager Macrons mit gut 160 Sitzen und die Rechtspopulisten des Rassemblement National von Marine Le Pen mit 143 Sitzen. Für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung sind 289 von 577 Mandaten nötig.

Kritik an Verhalten von Mélenchon

Mélenchon ist eine der führenden Figuren der NFP, die sich um das Amt des Premierministers bewerben. In sozialen Netzwerken wird er oft dafür kritisiert, dass er angeblich der Muslimbruderschaft nahestehe. Hierbei handelt es sich um eine internationale religiöse und gesellschaftspolitische Organisation, die die Anwendung des islamischen Rechts in allen Lebensbereichen unterstützt.

Dieser Vorwurf wurde besonders stark, als Mélenchon im Jahr 2019 an einem "Marsch gegen Islamophobie" teilnahm, der vom Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) organisiert wurde. CCIF werden Verbindungen zur Muslimbruderschaft vorgeworfen. 2020 wurde das Kollektiv von der französischen Regierung der "islamistischen Propaganda" beschuldigt und aufgelöst.

Die Kritik an Mélenchon in diesem Zusammenhang wuchs, als das französische Medienunternehmen Europe 1 vertrauliche Informationen des französischen Nachrichtendienstes SCRT veröffentlichte. Daraus ging hervor, dass islamistische Influencer Muslimen geraten hatten, bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022 für Mélenchons Partei zu stimmen. Von CCIF wurde Mélenchon damals als bester Kandidat gegen Islamophobie präsentiert.

Keine Hinweise auf derartiges Versprechen

In sozialen Medien wurde nun behauptet, Mélenchon habe während der Siegesfeier nach der Wahl am 7. Juli 2024 versprochen, dass Arabisch eine offizielle Sprache in Frankreich werde, da viele Muslime für ihn gestimmt hätten.

Eine Überprüfung seiner Reden auf Youtube nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse ergab jedoch keine Aussagen des Politikers über die arabische Sprache oder muslimische Wählerinnen und Wähler. In einer seiner Reden erklärte er, dass das französische Volk "weder eine Religion, noch eine Hautfarbe, noch eine Sprache ist" (ab Minute 14).

Das Wahlprogramm der NFP enthält auch keine Maßnahmen, die darauf abzielen, Arabisch zur Amtssprache zu erklären. Der einzige Vorschlag, der sich auf andere Sprachen bezieht, besagt, dass "der Unterricht in Regionalsprachen in Übersee" gefördert wird. Auch im Programm von LFI findet sich keine derartige Maßnahme.

Eine Stichwortsuche mit den Begriffen "Mélenchon" und "Arabisch" in mehreren Sprachen – darunter Französisch – lieferte keine Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass der LFI-Vorsitzende versprochen habe, Arabisch zur Amtssprache in Frankreich zu erklären. Zudem fand AFP keine journalistische Berichterstattung über das angebliche Versprechen.

Eine Anfrage an LFI blieb bis zur Veröffentlichung dieses Faktenchecks unbeantwortet.

Fazit: Für das angebliche Versprechen Mélenchons, Arabisch zur Amtssprache in Frankreich zu machen, fand AFP keine Belege. Tatsächlich gibt es keine Aufzeichnungen über solche Äußerungen. Die Maßnahme findet sich auch nicht im Wahlprogramm.

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