Dieses Video einer Schlägerei in New York zeigt nicht die Garde des ukrainischen Präsidenten
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- Veröffentlicht am 6. Oktober 2023 um 14:52
- Aktualisiert am 6. Oktober 2023 um 14:53
- 4 Minuten Lesezeit
- Von: Nahiara S. ALONSO, AFP Vereinigte Staaten, AFP Deutschland
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"Medien: Einer von #Selenskyjs Leibwächtern beendete den Besuch seines Chefs in den #USA mit einem Knall, indem er eine Schlägerei in einer Bar unweit des UNO-Büros begann, weil die Besucher ihm nicht nachrufen wollten: 'Ehre sei der Ukraine'", so ein englischsprachiger Beitrag der russischen Botschaft in Südafrika vom 26. September 2023 auf X, ehemals Twitter (hier archiviert).
Ähnliche Posts mit dem Video wurden unter anderem auch auf Spanisch und Französisch geteilt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste am 18. September 2023 nach New York, um dort an der 78. Generalversammlung der Vereinten Nationen teilzunehmen. Dort legte er dem Sicherheitsrat nahe, Russland sein Veto zu entziehen.
Den ukrainischen Präsidenten ins Lächerliche zu ziehen oder es so aussehen zu lassen, als ob westliche Unterstützung für die Ukraine schwächeln würde, hat sich im Informationskrieg, der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine begleitet, zu einem häufigen Muster entwickelt. AFP-Teams weltweit haben Falschbehauptungen enttarnt, die sich durch Imitation von großen Nachrichtensendern wie CNN, Euronews oder Al Jazeera, aber auch von deutschsprachigen Medien verbreiteten.
Ein Sprecher des stellvertretenden Kommissars für Öffentlichkeitsarbeit der New Yorker Polizei sagte gegenüber AFP, dass es am 27. September 2023 "keinen polizeilichen Bericht" über einen Zwischenfall mit einem Leibwächter Selenskyjs gegeben habe.
Ebenfalls ergab eine Suche nach dem angeblichen Vorfall auf der Website der Polizeibehörde keine Treffer.
Nicht von "USA Today" berichtet
Die eine Minute und drei Sekunden lange Videosequenz schneidet Archivbilder von Selenskyj, dem UNO-Gebäude in New York, dem Inneren einer Bar und einer spät nächtlichen Schlägerei zusammen. In der Ecke oben rechts ist ein "USA Today"-Logo zu sehen.
Allerdings veröffentlichte "USA Today" keinen solchen Bericht, erklärte das Medienunternehmen auf seiner Website.
"Das Video, das sich mit dem USA-Today-Logo auf X verbreitet, ist gefälscht", sagte ein Sprecher von "USA Today" AFP am 28. September 2023. Er fügte hinzu, dass das Medienunternehmen "eine Falschinformations-Meldung bei der Plattform abgegeben" habe, um "die unmittelbare Verbreitung der Fehlinformation zu stoppen".
AFP fand bei einem Vergleich zwischen den Aufnahmen der Schlägerei und dem von "USA Today" veröffentlichten Video Ungleichheiten. Die Buchstaben "i", "g" und "f" sind etwas anders.
Kein Zwischenfall bei "The Campbell"
Die Posts behaupten, der angebliche Zwischenfall habe sich bei der Bar "The Campbell" ereignet. Doch Liv Meyers, Leiterin für digitales Marketing der Gerber Group, der die Bar gehört, sagte gegenüber AFP am 27. September 2023, dass das Video eine Fälschung sei und es zu "keinem Zwischenfall in oder um 'The Campbell'" gekommen sei.
Die Bar befindet sich in 15 Vanderbilt Avenue, am Bahnhof Grand Central Terminal in New York, etwa eine halbe Stunde vom UNO-Hauptquartier entfernt. Allerdings stimmt die Inneneinrichtung — welche hier zu sehen ist — nicht mit den Aufnahmen im Video überein.
In dem Video sind mehrere Geschäftsnamen zu sehen, unter anderen der des Bekleidungsgeschäfts SoHo Boutique. Eine Google-Suche nach dem Namen zusammen mit dem Begriff "New York" zeigte, dass sich die Aufnahmen aus Brooklyn stammen und zwar von der Adresse 1117 Quentin Rd, etwa 19 Kilometer von "The Campbell" entfernt.
Andere in dem Video sichtbare Elemente, etwa die Schilder für die New York School of Career and Applied Studies (NYSCAS) und eine Markise mit den Wörtern "Gift Depot" bestätigen ebenfalls diese Adresse in Brooklyn.
AFP fand keine jüngeren Berichte über eine Auseinandersetzung an diesem Ort und die New Yorker Polizei gab keine Informationen über einen solchen Zwischenfall bekannt.
Mehrere koordinierte Desinformationskampagnen, die gefälschte Nachrichten veröffentlichen und auch manchmal als legitime Medien ausgeben, um prorussische Nachrichten zu verbreiten, wurden schon von Frankreich, dem Disinfo Lab der Europäischen Union und Meta entlarvt. Bezahlte Web-Posts und falsche Accounts werden verwendet, um die Artikel zu verbreiten. Dies geschah unter anderem auf Facebook, Instagram und X, berichtete AFP.
Weitere Berichterstattung von AFP über falsche und irreführende Behauptungen im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine finden Sie hier.
Fazit: Das Video, in dem eine Schlägerei in New York zu sehen ist, zeigt keinen Leibwächter von Selenskyj, wurde nicht von "USA Today" veröffentlicht und wurde an einer anderen Stelle aufgenommen als behauptet. Der New Yorker Polizei und der Bar, wo sich die Szenen angeblich abgespielt haben sollen, ist kein solcher Vorfall bekannt.