
Nein, es gibt keinen Film mit dem Namen "The Omicron Variant" aus den 60ern
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- Veröffentlicht am 2. Dezember 2021 um 17:40
- 4 Minuten Lesezeit
- Von: Max BIEDERBECK, Ana PRIETO, AFP Deutschland, AFP Argentinien
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Hunderte haben das abfotografierte angebliche Filmplakat Anfang Dezember auf Facebook geteilt (hier, hier, hier). Weitere Versionen haben sich auf Portugiesisch, Spanisch, Englisch und Französisch weltweit verbreitet.
Zu sehen ist ein ausgeblichenes Filmplakat, das einen Film mit dem Namen "The Omicron Variant" bewerben soll. Darüber steht auf Englisch: "Der Tag, an dem die Welt zu einem Friedhof gemacht wurde". Unter einem Bild zweier Schauspielender und einer durchbohrten Hand sind außerdem die Namen der Mitwirkenden Nigel Davenport, Michael Murphy, Lynne Frederick, Mayo Simon, Paul S. Radin und Saul Bass zu lesen.
Die Falschbehauptung: Während viele Postings das Plakat kommentarlos verbreiten (etwa hier), setzen andere es in einen konkreten Zusammenhang. So heißt es: "Sieh mal einer an, ein Film der 1960er Jahre. Was für ein Zufall. Also ansonsten sag ich dazu nix mehr." Ein anderer User schreibt: "OHA! Filmplakat von 1963." In den Kommentaren verlinken User Screenshots von Google-Suchen, die die Echtheit des gezeigten Films belegen sollen. Oder sie schreiben Sätze wie: "Nirgends gibt es Zufälle…"

Der angebliche Filmtitel spielt auf die kürzlich entdeckte Corona-Variante Omikron an, die aktuell für Schlagzeilen sorgt (mehr dazu hier, hier). Die Omikron-Variante von Sars-CoV-2 ist wie die anderen von der Weltgesundheitsorganisation(WHO) klassifizierten Mutationen des Virus nach einem Buchstaben des griechischen Alphabets benannt. Darüber gab es aber keinen Film.
Neben der englischen Überschrift ist in der unteren linken Ecke des Plakats ein Schriftzug zu erkennen. Dort heißt es auf Italienisch: "1st premio del festival del cine fantastico de Trieste". Zu deutsch: "1. Preis beim Festival des Fantasy-Kinos von Triest" (dazu gleich mehr).
Weiterhin fand AFP mithilfe einer Bildersuche auf der Suchmaschine Yandex eine ähnliche Variante des Posters, die ein Twitter-User bereits im Juli 2019 gepostet hat. Diese Variante bieten auch Poster-Läden zum Kauf an. Hier zeigt das Plakat allerdings einen Film mit dem Namen "Sucesos en la IV Fase". Eine Suche nach diesen Worten führt zu zahlreichen ähnlichen Filmplakaten. Sie zeigen in besserer Qualität ebenfalls die – jetzt deutlich erkennbar von einer Ameise – durchbohrte Hand.

Das Originalplakat des links gezeigten Films lautet: "Phase IV". Die Filmplattform "IMdB" führt ihn für das Jahr 1974. Genau wie die aktuell verbreitete Omikron-Kopie trägt er den Untertitel: "Der Tag, an dem die Welt zu einem Friedhof gemacht wurde."
Regie führte demnach tatsächlich Saul Bass, das Drehbuch schrieb Mayo Simon. In der Hauptbesetzung spielten Nigel Davenport, Michael Murphy und Lynne Frederick. Dieselben Namen also, die auf dem angeblichen Omikron-Filmplakat auftauchen.
Eine Filmliste von Regisseur Bass zeigt allerdings: Er hat nie an einem Film mit dem Namen "The Omicron Variant" mitgewirkt. Die anderen Beteiligten waren ebenfalls laut IMdB nicht an einem solchen Film beteiligt.
Auch gewann "Phase IV" laut dem US-Filmarchiv "AFI Catalogue" im Jahr 1975 den "Grand Prix" beim Internationalen Festival für Science-Fiction-Filme in Triest, Italien. Das Festival erwähnt ihn hier. Ebenfalls eine Information, die sich sowohla auf dem echten als auch dem gefälschten Filmplakat ablesen lässt.
Der echte Preisträger "Phase IV" handelt derweil aber nicht von Corona oder dessen Mutationen. Er handelt von einer Invasion von Wüstenameisen, die plötzlich eine künstliche Intelligenz bilden. Hier der Trailer:
AFP hat auch das Skript des Films von Mayo Simon gefunden. Es gibt darin keinerlei Anspielungen auf Virusinfektionen, das Coronavirus oder dessen Varianten.
AFP fand auch sonst keine sonstigen Hinweise auf besagten Film "The Omicron Variant" aus den 60ern. Es gibt lediglich einen Film aus dem Jahr 1963, der tatsächlich "Omicron" heißt. Im Deutschen trägt er den Titel: "Herr Doktor, die Leiche lebt". Auch diese Komödie von Regisseur Ugo Gregoretti hat dabei nichts mit einem Virus zu tun. Sie handelt von einem Alien, das den Körper eines Erdlings übernimmt um die Menschheit zu studieren (mehr dazu hier).
Die Montage
Bei einer weiteren Suche auf Social Media stieß AFP erneut auf das virale Plakat, diesmal auf dem Twitter-Account der irischen Autorin und Komikerin Becky Cheatle am 28. November. Dort gab diese an, das Bild selbst erstellt zu haben.

Cheatle bestätigte auch noch einmal gegenüber AFP, dass sie die Urheberin sei, und dass sie das Original von der Website "todocoleccion" übernommen und verfremded habe. (Dabei handelt es sich um den oben verlinkten Poster-Shop.)
Sie habe so auch die Plakate für die Filme "The Andromeda Menace" und "Colossus: The Forbin Project" digital umgestaltet, erklärte sie weiter.
Fazit: Das gezeigte Plakat ist nicht echt. Es basiert auf einem Plakat für einen älteren Film namens "Phase IV". Dieser handelt nicht von Viren, sondern von einer Ameisen-Invasion.