Dieses Kündigungsschreiben an einen Pfleger wegen einer Demo-Teilnahme ist gefälscht

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Hunderte User haben Ende November die angeblich fristlose Kündigung eines Krankenpflegers eines Bezirkskrankenhauses in Tirol geteilt. Der vermeintliche Grund: Er habe durch seine Teilnahme an Demonstrationen Patientinnen und Patienten gefährdet. Das betroffene Krankenhaus bezeichnete das Schreiben allerdings als gefälscht. Die im Brief erwähnte Person hätte dort nie gearbeitet, Kündigungen habe es nicht gegeben. Auch die Arbeitskammer Tirol dementierte das Schreiben. An der darin angegebenen Adresse wohnt außerdem kein gekündigter Pfleger, wie der echte Bewohner AFP bestätigte.

Hunderte Nutzerinnen und Nutzer haben das vermeintliche Kündigungsschreiben Ende November auf Facebook (hier, hier, hier) und Twitter geteilt.

Die Falschbehauptung: Das Arbeitsverhältnis ende mit sofortiger Wirkung, heißt es auf dem ausgedruckten und dann abfotografierten Schreiben. Das Bezirkskrankenhaus Schwaz in Tirol soll es angeblich einem dort arbeitenden Pfleger ausgestellt haben.

"In Zeiten der angeblich größten Pandemie aller Zeiten, werden an hochqualifizierte Fachkräfte im Gesundheitswesen fristlose Kündigungen ausgesprochen mit total fadenscheinigen Begründungen", schreibt ein Postingautor und weiter: "Weil ein DIPLOMKRANKENPFLEGER seine ihm zustehende freie Meinung äußert, sein Demonstrationsrecht wahrnimmt und Lügen aufdeckt!!! Armes Österreich, die Verantwortlichen werden nicht vergessen sein!!"

Facebook-Screenshot der Falschbehauptung: 30.11.2021

Datiert ist das angebliche Schreiben auf den 20. November. An diesem Tag fand in Wien eine Demonstration gegen Corona-Maßnahmen statt, zu der die rechtspopulistische FPÖ aufgerufen hatte. Die Polizei sprach von rund 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Mehrere Pflegerinnen eines Altenheims in Linz verloren nach ihrer Teilnahme an dieser Demo tatsächlich ihren Job. Als Grund nannten die Seniorenzentren allerdings ein Transparent mit der Aufschrift "Seniorenzentren Linz sagen Nein zur Impfpflicht", mit dem die Pflegerinnen bei der Demo auftraten.

Das aktuell verbreitete angebliche Schreiben aus Schwaz nennt als Grund hingegen die Teilnahme an einer Demonstration: "Gefährdung der Patient*innen durch die Teilnahme an Demonstrationen ohne CoV-Schutzmaßnahmen", dadurch "Gefährdung der eigenen Gesundheit, welches sich auf das AV (Arbeitsverhältnis, Anm. d. Red.) auswirkt", steht im Brief.

AFP hat am 1. Dezember mit Rudolf Mosler darüber gesprochen, ob eine Kündigung oder gar Entlassung dieser Art theoretisch möglich wäre. Mosler ist Professor für Arbeits- und Wirtschaftsrecht an der Paris Lodron Universität Salzburg und Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Arbeits- und Sozialrecht. Er hält eine solche Entlassung eines Angestellten nicht für völlig ausgeschlossen.

Entscheidend sei, dass sich die Handlungen bei der Demo, etwa das Missachten von Sicherheitsvorkehrungen wie Masken- und Abstandsregeln, massiv auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Grundsätzlich dürften Krankenpflegende aber durchaus an Demonstrationen teilnehmen, erklärte Mosler.

Das Bezirkskrankenhaus Schwaz dementierte allerdings, dass es so eine Kündigung oder Entlassung gegeben hat. Auf seiner Website schreibt das Krankenhaus: "Dieses Schreiben stammt nicht vom BKH Schwaz und die im Schreiben erwähnte Person hat nie am BKH Schwaz gearbeitet. Außerdem wurden aktuell keine Kündigungen oder Entlassungen von Dienstgeberseite ausgesprochen." Auch die Arbeiterkammer Tirol bezeichnete das Schreiben auf Facebook als Fälschung.

Screenshot von der Website des Bezirkkrankenhauses Schwaz: 30.11.2021

Außerdem ist im Kündigungsschreiben Name und Adresse des angeblich gekündigten Pflegers zu sehen. Im Telefonbuch hat AFP die Adresse gefunden und am 30. November dort angerufen. Der tatsächliche Bewohner hat einen anderen Namen und bestätigte AFP, dass der im Schreiben gekündigte "Sammy Chebbo" dort nicht wohne.

AFP hat außerdem nach dem Namen "Sammy Chebbo" gesucht. Alle relevanten Sucheinträge passen zu einem Aktivisten von Fridays For Future Innsbruck, in der Nähe von Schwaz. AFP hat diesen Chebbo am 1. Dezember kontaktiert. Er kannte das Schreiben bereits, hat aber nichts mit der angeblichen Kündigung zu tun. Er war auch nie in der Krankenpflege aktiv.

Fazit: Das Schreiben des Bezirkskrankenhaus Schwaz in Tirol ist gefälscht. Das Krankenhaus gab an, dass die im Schreiben erwähnte Person nie dort gearbeitet habe und keine Kündigungen oder Entlassungen ausgesprochen worden seien. An der im Schreiben angegebenen Adresse wohnt außerdem kein gekündigter Pfleger.

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