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Nein, Siegel auf Wahlurnen sind nicht vorgeschrieben
- Veröffentlicht am 23. Februar 2025 um 19:17
- 3 Minuten Lesezeit
- Von: Johanna LEHN, Katharina ZWINS, AFP Deutschland
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Ein X-User teilte am 23. Februar 2025 Fotos einer Wahlurne. Dazu schrieb er: "NRW: #Wahlurnen ohne Siegel und ohne Scharniere? Fängt schon gut an, bei der #Bundestagswahl...". Ähnliche Behauptungen samt Fotos von Wahlurnen ohne Siegel, mit denen eine potenzielle Wahlmanipulation in den Raum gestellt wird, kursierten am Tag der Wahl mehrfach in sozialen Medien (etwa hier, hier und hier).
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Tatsächlich sind Siegel an Wahlurnen nicht gesetzlich vorgeschrieben und geben keinen Hinweis auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe. Schon im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September 2021 kursierten ähnliche Behauptungen, die AFP überprüfte.
Ein Blick in die einschlägigen Gesetze zeigt jedoch: Es gibt keine Vorgaben, dass Siegel an Wahlurnen anzubringen sind. Im Bundeswahlgesetz (Paragraph 33) heißt es dazu: "Für die Aufnahme von Stimmzetteln sind Wahlurnen zu verwenden, die eine Wahrung des Wahlgeheimnisses sicherstellen."
In Paragraph 51 der Bundeswahlordnung ist festgeschrieben: "Die Gemeindebehörden sorgen für die erforderlichen Wahlurnen. Die Wahlurne muss mit einem Deckel versehen sein. Ihre innere Höhe soll in der Regel 90 cm, der Abstand jeder Wand von der gegenüberliegenden mindestens 35 cm betragen. Im Deckel muss die Wahlurne einen Spalt haben, der nicht weiter als 2 cm sein darf. Sie muss verschließbar sein." In Paragraph 53 heißt es: "Der Wahlvorstand überzeugt sich vor Beginn der Stimmabgabe davon, dass die Wahlurne leer ist. Der Wahlvorsteher verschließt die Wahlurne. Sie darf bis zum Schluss der Wahlhandlung nicht mehr geöffnet werden."
Eine Stichwortsuche in einschlägigen Gesetzen zum Ablauf von Wahlen in Deutschland führte ebenfalls zu keinem Ergebnis.
Wie Wahlurnen verschlossen sind, ist nicht vorgeschrieben
Das bestätigte auf AFP-Anfrage auch eine Pressesprecherin der Bundeswahlleiterin in einer E-Mail vom 23. Februar 2025: "Eine Wahlurne muss verschließbar sein. Das heißt, es muss irgendeine Verschlussmöglichkeit geben, die eine durchgehende Verbindung von Urnengehäuse und Deckel bis zum Schluss der Wahlhandlung darstellt bzw. sichtbar macht. Vorhängeschlösser, Verplombung oder Siegel sind nach den bundeswahlrechtlichen Vorschriften nicht vorgeschrieben." Dies sei dem Umstand geschuldet, dass es immer wieder neue Materialien oder Techniken zum Verschließen gibt. Diese Vielzahl an Vorrichtungen könnte in den wahlrechtlichen Vorschriften nicht vollumfänglich abgebildet werden, so die Sprecherin.
Ähnliche Aussagen veröffentlichte die Bundeswahlleiterin auch auf ihrer Internetseite zu Desinformationen zur Bundestagswahl 2025: "Es gibt keine Vorgabe, dass zusätzlich Siegel an Wahlurnen anzubringen sind." Wahlurnen müssten selbstverständlich verschließbar sein.
Mittels einer umgekehrten Bildsuche konnte AFP nicht ausfindig machen, wo in Nordrhein-Westfalen die auf X geteilten Fotos der Wahlurne genau aufgenommen wurden. Auch auf der Website des nordrhein-westfälischen Innenministeriums hat AFP keine Regelung gefunden, die Siegel an Wahlurnen vorschreiben würde.
Alle Faktenchecks zur Bundestagswahl 2025 finden sich auf der AFP-Website.
Fazit: User teilen Fotos von Wahlurnen, die nicht mit einem Siegel verschlossen sind. Das belegt jedoch keinen Wahlbetrug, wie online mitunter suggeriert wird. Per Gesetz sind Siegel auf Wahlurnen gar nicht vorgeschrieben. Das bestätigte auch die Bundeswahlleiterin.