Nein, die AfD fordert nicht zur Unterschrift von Stimmzetteln auf

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 kursieren zahlreiche Falschinformationen über den Wahlprozess. Ein Sharepic in der Optik der Partei AfD wurde vielfach in sozialen Medien geteilt. In den Posts werden AfD-Wählende dazu aufgefordert, ihre Stimmzettel zu unterschreiben, da nur so Wahlbetrug verhindert werden könnte. Doch das Sharepic kursierte bereits vor vergangenen Wahlen in den Jahren 2019 und 2024. Durch eine Unterschrift werden Stimmzettel laut Bundeswahlgesetz ungültig. Zahlreiche Accounts, die das Sharepic verbreiteten, sind zudem als Satire gekennzeichnet. 

Vor Wahlen kursieren immer wieder Falschinformationen zum Wahlprozess. Manche davon werden aus politischen oder satirischen Gründen bewusst gestreut. Anfang Februar 2025 wurden online zahlreiche Aufrufe verbreitet, die sich explizit an Wählende der in Teilen rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) richten: "Deutsche! Ehrenfelder! Ihr wählt die Afd? Unterschreibt den Wahlzettel!", heißt es etwa in einem Facebook-Post vom 17. Februar 2025. Dazu teilte der Account "Afd-Kreisverbund Ehrenfeld Ayran für Deutz" ein Sharepic mit der Aufschrift "Wahlbetrug verhindern Stimmzettel unterschreiben".

Mit einer blau-roten Optik in den Parteifarben der AfD sowie dem offiziellen Logo der Partei versehen mutet das Sharepic auf den ersten Blick wie ein offizieller Aufruf an. Mit ähnlichen Aufforderungen kursiert es zudem auf X und Tiktok.

 Während einige User die Aufforderung zur Unterschrift als Satire oder "Fake News" bezeichnen, scheinen andere Nutzer sie durchaus ernst zu nehmen: "Lasst euch von der Regierung nicht länger verarschen", kommentierte etwa ein Facebook-User am 17. Februar 2025. Ein Nutzer auf Tiktok fügte am 15. Februar 2025 hinzu: "Zeigt Alice Unterstützung mit der Unterschrift!" Alice Weidel ist Bundessprecherin und Kanzlerkandidatin für die AfD.

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Facebook-Screenshot der Behauptung: 22. Februar 2025

Wie AFP nachweisen konnte, kursierte das Sharepic bereits seit mehreren Jahren vor Wahlen. Auf der Website der AfD findet sich zudem eine Distanzierung zum Aufruf, der maßgeblich von Satire-Kanälen verbreitet wurde.

Sharepic ist alt und kursierte bereits vor verschiedenen Wahlen

Mithilfe einer umgekehrten Bildsuche konnte AFP nachweisen, dass das identische Sharepic bereits in der Vergangenheit vor Landtagswahlen sowie der EU-Wahl 2024 kursierte. In den Jahren 2019 und 2024 wurden ähnliche Falschbehauptungen zu dem identischen Sharepic in Faktenchecks widerlegt.

Es lassen sich zudem einige Auffälligkeiten auf dem Sharepic erkennen, die darauf hindeuten, dass es nicht für die Bundestagswahl 2025 erstellt worden ist: Die Buchstaben "EU" im Wort "Deutschland" sind darauf mit Sternen hervorgehoben, wie es die AfD auf ihren Wahlplakaten vor der EU-Wahl im Jahr 2014 getan hat. Auf aktuellen Wahlplakaten der Partei zur Bundestagswahl 2025 ist dies nicht der Fall. Die auf dem Sharepic angegebene Internetseite "alternativefuer.de" ist zudem heute nicht mehr erreichbar, befand sich jedoch noch im Jahr 2015 auf Wahlplakaten der Partei.

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Screenshot des Sharepics mit hervorgehobenen Auffälligkeiten durch AFP: 22. Februar 2025

Die heutige Websiteadresse der Partei, afd.de, ist auf dem kursierenden Sharepic nicht genannt. 

Aufruf stammt nicht von offiziellen AfD-Accounts

Auf keinem der offiziellen Social-Media-Kanäle der AfD (Facebook, X, Instagram, Youtube) wurde das kursierende Sharepic im Jahr 2025 veröffentlicht. In einer Frage- und Antwortrubrik des Mitgliedermagazins "AfD Kompakt" wurde in der Vergangenheit bereits auf das kursierende Sharepic eingegangen: "Im Internet kursiert eine gefälschte, vermeintlich von der AfD stammende Aufforderung, die Stimmzettel zu unterschreiben. Bitte unterschreiben Sie auf keinen Fall den Stimmzettel!", heißt es dort:

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Screenshot der Mitgliederzeitung AfD Kompakt: 22. Februar 2025

Einige der Userinnen und User, die das Sharepic verbreiteten, sind zudem explizit als Satireprofile ausgegeben. Der Facebook-Account "Afd-Kreisverbund Ehrenfeld Ayran für Deutz" beschreibt sich in seiner Profilnotiz etwa mit den Worten "Es handelt sich hierbei um eine Satire-Seite gegen Nazis". Eine Facebook-Seite unter dem Namen "Reichskriegslesbe" verbreitete ebenfalls die Behauptung. Auch hierbei handelt es sich laut Profilbeschreibung um einen Satireaccount: "Gegen Rechts - Für Demokratie #fcknzs #fckafd - mit Humor und Satire", steht in der Profilbeschreibung.  

Es hat demnach den Anschein, dass das kursierende Sharepic in AfD-Optik bewusst von satirischen Kanälen aufgegriffen wurde, um potenzielle AfD-Wählende dazu zu bringen, ihre Stimmzettel bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 zu unterschreiben.

Unterschriebene Stimmzettel sind ungültig

In den kursierenden Posts werden Wählende mit der Begründung zur Unterschrift ihrer Stimmzettel aufgefordert, dass so "Wahlbetrug verhindert" werden könnte. Das ist jedoch falsch, wie ein Blick in das Bundeswahlgesetz belegt: §39 des Bundeswahlgesetzes besagt, dass jeder Stimmzettel, der "einen Zusatz oder Vorbehalt enthält", ungültig ist.

"Zu den unzulässigen Zusätzen oder Vorbehalten zählen allgemeine kritische Anmerkungen neben der Kennzeichnung, Erläuterungen zu den Gründen der Stimmabgabe, Meinungs- oder Gefühlsäußerungen bezogen auf die Wahl, Hinweise auf die Wählerin oder den Wähler", wird die Definition ungültiger Stimmzettel auf der Website der Bundeswahlleiterin konkretisiert.  Eine Unterschrift wird als Zusatz angesehen, der Hinweise auf die Wählerin oder den Wähler gibt und ist zudem verboten, da sie das Wahlgeheimnis verletzt.

Das Bundeswahlgesetz gilt für alle Wählerinnen und Wähler. Wer somit einen Stimmzettel unterschreibt, verwirkt seine Stimme, da der Zettel für ungültig erklärt wird. 

Alle Faktenchecks zur Bundestagswahl 2025 finden sich auf der AFP-Website.

Fazit: Mit einem online kursierenden Sharepic in AfD-Farben wird die Falschbehauptung verbreitet, dass bei der Bundestagswahl Stimmzettel unterschrieben werden sollten, um Wahlbetrug zu verhindern. Mit einer Unterschrift werden Stimmzettel jedoch ungültig, wie auf der Website der Bundeswahlleiterin erklärt wird.

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