Nein, dieser Politiker hat keine Zwangsimpfung von Kindern gefordert

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  • Veröffentlicht am 27. Oktober 2020 um 16:29
  • Aktualisiert am 27. Oktober 2020 um 17:43
  • 2 Minuten Lesezeit
  • Von: AFP Deutschland, Max BIEDERBECK
Auf Facebook verbreitet sich Ende Oktober tausendfach eine alte Behauptung, wonach CDU-Parlamentarier Rudolf Henke eine Zwangsimpfung für Kinder gefordert hat. "Das Kind wird ihnen (den Eltern) entzogen und wird in ein Gesundheitsamt gebracht und dort wird eine Zwangsimpfung durchgeführt", sagte Henke tatsächlich im Bundestag. Das momentan verbreitete Video dazu stammt aus einer Plenardebatte im Oktober 2019 – es ist heuer allerdings so geschnitten, dass der entscheidende Kontext von Henkes Aussage fehlt. Der Politiker hatte sich in Wahrheit gegen ein solches Impfzwang-Szenario ausgesprochen. Es wurde auch nie Teil des Gesetzes zur Impfpflicht gegen Masern.

Vor allem der AFD-Politiker Uwe Wanke verbreitet das "Impf"-Video in seiner aktuellen und geschnittenen Version (hier). Er hat es am 23. Oktober auf Facebook mit den Worten: "Wer sich nicht freiwillig impft - der wird zwangsweise geimpft" gepostet. Mittlerweile haben es über 2.300 User geteilt. Seitdem griffen auch andere kleinere Accounts die Aufnahme erneut auf (hier, hier oder hier), viele posten dabei einen Youtube-Link des Redebeitrags von Henke. Diese ebenfalls geschnittene Version der Rede wurde bereits im Mai 2020 hochgeladen. Die von Wanke geteilte Version des Videos auf TikTok findet sich hier.

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Facebook-Screenshot: 27.10.2020

Am Pult des Bundestags sagt Rudolf Henke als Redner für die Fraktion CDU/CSU tatsächlich: "Meine Assoziation zur Impfpflicht ist: Ein Kind, dessen Eltern sich weigern, das Kind impfen zu lassen, bekommen Besuch von der Polizei, das Kind wird ihnen entzogen und wird in ein Gesundheitsamt gebracht und dort wird eine Pflichtimpfung durchgeführt." Die geschnittenen Videos zeigen aber nicht, dass er noch mehr sagte.

Bereits im April 2020 hatten Faktenchecks von Correctiv und Mimikama von Postings über den Redebeitrag ergeben, dass das Videomaterial der Rede manipulativ geschnitten wurde. Die gesamte Rede von Henke ist online auf der Seite des Bundestags zu finden, wo sie das Parlament bereits am 18. Oktober 2019, am Tag der Debatte, online gestellt hatte (schriftliches Protokoll hier). Henke, der auch im Gesundheitsausschuss des Bundestags sitzt, hatte sie anlässlich der damaligen ersten Lesung des Masernschutzgesetzes gehalten. 

Direkt an die aktuell verbreitete Aussage anschließend sagt Henke aber noch zusätzlich: "Das ist nirgendwo in diesem Gesetzentwurf vorgesehen" (Minute 2:27 der Rede). Auch sagte er: "Ob wir tatsächlich eine Impfpflicht einführen, oder ob das eine Impfnachweispflicht ist, muss man auch vor dem Hintergrund des Verfassungsrechts natürlich noch einmal genau überlegen."

Ohne diese einordnenden Sätze klingt es tatsächlich so, als würde sich Henke für den Einsatz der Polizei und das Abholen der Kinder von Impfgegnerinnen und -gegnern aussprechen. Unter Einbeziehung der fehlenden Sätzen wird aber klar: Henke hatte genau das Gegenteil gemeint und dieses Polizei-Szenario explizit nicht gewollt. 

In einer weiteren Bundestagsrede, die der CDU-Politiker selbst am 14. November 2019 auf Facebook postete, sagte er: "Es wird nach diesem Gesetz definitiv keine Zwangsimpfung von Kindern oder sonstigen Personen geben." Auch im finalen Gesetz zur Impfpflicht gegen Masern, das bereits am 1. März 2020 in Kraft getreten ist (hier), ist keine Umsetzung der Impfpflicht durch die Polizei vorgesehen.

Das gerade verbreitete Video gibt also nicht die vollständigenAussagen von Henke wieder, stammt aus einer alten Debatte und verdreht damit die Bedeutung seiner Worte ins Gegenteil.

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