
Gefälschtes Zitat von Thüringens Ministerpräsident Voigt zu Renten im Umlauf
- Veröffentlicht am 3. Juni 2025 um 12:38
- 4 Minuten Lesezeit
- Von: Johanna LEHN, AFP Deutschland
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"Ich stimme Herrn Söder zu, arbeitsunwilligen Rentnern die Rente zu kürzen oder sogar auch komplett zu streichen. Denn wer nicht arbeitet, soll auch nichts von uns Steuerzahler bekommen", soll der thüringische Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" laut einem Telegram-Beitrag vom 28. Mai 2025 gesagt haben. Auch auf X und Facebook verbreiteten Nutzerinnen und Nutzer diese angebliche Äußerung.

Dieses Zitat stammt jedoch nicht von Voigt.
Eine Stichwortsuche ergab keine Berichterstattung über eine solche Äußerung des CDU-Politikers. Im Online-Archiv der "Süddeutschen Zeitung" findet sich zudem kein Interview mit Voigt, seit er im Dezember 2024 Ministerpräsident wurde. Auch zuvor ist keine Äußerung Voigts zu Rentenkürzungen im Online-Archiv zu finden. "Die 'Süddeutsche Zeitung' hat mit Mario Voigt als Thüringer Ministerpräsident noch kein Interview veröffentlicht", bestätigte der Sprecher des Mediums auf AFP-Anfrage am 2. Juni 2025. Das Zitat sei nicht in der Zeitung oder auf sueddeutsche.de erschienen.
Eine Sprecherin der Thüringer Staatskanzlei erklärte am 2. Juni 2025 auf Anfrage von AFP, dass sich Voigt "weder gegenüber der 'Süddeutschen Zeitung' noch anderweitig" in dieser Form geäußert habe. "Hierbei handelt es sich um ein Falschzitat." Voigt selbst teilte auf seinem X-Account einen Beitrag eines Nutzers, der das Zitat am 30. Mai 2025 als "Fake News-Kampagne" bezeichnete.

In einigen Beiträgen wird zusätzlich eine angebliche Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erwähnt, auf die sich Voigt in der gefälschten Äußerung zu beziehen scheint. "Markus Söder hat gerade eine globale Rentenkürzung von 26,8%, und eine Krisenpauschale von 12,3% für alle in Deutschland lebenden und ausgewanderten Rentner vorgeschlagen, die automatisch von der Rente abgezogen wird", steht beispielsweise in einem Facebook-Beitrag vom 1. Juni 2025.
Eine Sprecherin der bayerischen Staatskanzlei erklärte auf AFP-Anfrage ebenfalls am 2. Juni 2025, Ministerpräsident Söder habe "diese Aussage nicht gemacht". Sie sei "falsch". Anders als im Fall des erfundenen Zitats von Voigt wird bei Söders angeblichem Vorschlag kein Anlass genannt, zu dem sich der bayerische Ministerpräsident in dieser Form geäußert haben soll. Eine Stichwortsuche führte zu keiner Berichterstattung über eine solche Forderung von Söder.
Debatte: Deutsche sollen laut Union mehr arbeiten
Diese Falschbehauptungen kursierten vor dem Hintergrund der Diskussion über die geleistete Arbeit in Deutschland. Damit das Land wieder wettbewerbsfähiger werde, müsste in Deutschland mehr gearbeitet werden, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in seiner ersten Regierungserklärung am 14. Mai 2025. In diesem Zusammenhang nannte er beispielsweise die sogenannte Aktivrente, um "freiwilliges Weiterarbeiten auch jenseits des 67. Lebensjahres" möglich zu machen.
Auf die Frage von ARD-Moderatorin Caren Miosga in der gleichnamigen Talkshow am 25. Mai 2025, wer denn zu wenig arbeite, legte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der Debatte nach. Er nannte Rentnerinnen und Rentner als eine Gruppe, die mehr arbeiten könnte, und verwies ebenfalls auf die von Merz angesprochene Aktivrente. Die Idee der CDU löste eine kontroverse Diskussion in der breiten Öffentlichkeit aus.
Die Position von Merz und Linnemann vertritt auch Thüringens Ministerpräsident Voigt. So forderte er als Vorsitzender der neuen Ost-Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember 2024 bereits die Einführung einer Aktivrente.
Entgegen der Behauptung in den Beiträgen soll die Rente jedoch nicht gekürzt werden. In einem sogenannten Sofortprogramm hat die Bundesregierung Ende Mai 2025 Punkte aus dem Koalitionsvertrag gebündelt, die sie schnell umsetzen will. Bei der Vorstellung dieses Programms erklärte Ministerpräsident Söder unter anderem, dass das Rentenniveau von 48 Prozent gesichert werden solle.
Weitere Faktenchecks sammelt AFP auf der Website.
Fazit: Die angebliche Äußerung von Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" zu Leistungskürzungen für Rentner, die Arbeit verweigerten, ist erfunden. Sowohl das Medium als auch die Thüringer Staatskanzlei bezeichneten sie als Falschaussage. AFP fand zudem keine Medienberichterstattung über eine solche Aussage Voigts.