Illustrationsaufnahme vom 12. November 2024 aus Paris zeigt das Logo der Social-Media-Plattform Bluesky auf einem Mobiltelefon ( AFP / Ian LANGSDON)

Prorussische Desinformation nun auch auf Bluesky

Im sozialen Netzwerk Bluesky tauchte erstmals Desinformation auf: Dutzende Beiträge ähnlichen Musters ahmen dabei Inhalte von Medien oder Universitäten nach. Das erinnert an die prorussische Desinformationskampagne "Matrjoschka", die in der Vergangenheit bereits X überflutete.

Das Kollektiv Antibot4Nawalny, das sich auf die Verfolgung von digitaler Einflussnahme spezialisiert hat, deckte im vergangenen Jahr das Ausmaß der "Operation Matrjoschka" auf.

Seit ein paar Wochen gibt es Hinweise auf ein ähnliches Phänomen im neuen US-amerikanischen Netzwerk Bluesky. Dieses zählte Ende Dezember letzten Jahres etwa 26 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Zu diesen gehören viele desillusionierte ehemalige Mitglieder von X.

Die von AFP analysierten Daten zeigen Dutzende von Beiträgen mit einem ähnlichen Muster, die darin bestehen, Medien aufzufordern, Falschinformationen zu überprüfen. Das Besondere daran ist, dass auf Bluesky bestimmte Beiträge nicht nur Inhalte von Medien nachahmen, sondern auch Künstliche Intelligenz nutzen, um sich als Universitäten auszugeben.

Im Wesentlichen scheint das Ziel immer dasselbe zu sein: Russland in ein gutes Licht zu rücken, während die Unterstützung des Westens für die Ukraine kritisiert wird und oft ein beliebtes Feindbild – etwa der französische Präsident Emmanuel Macron – an den Pranger gestellt wird.

Die verwendeten Konten weisen alle Merkmale prorussischer "Bots" auf – also gefälschte Profile, die dazu dienen, die Sichtbarkeit von Beiträgen künstlich zu erhöhen. Darauf wies Eliot Higgins, Mitbegründer der Investigativplattform Bellingcat, im vergangenen Monat hin.

Universitäre Deepfakes

Anhand der von Antibot4Nawalny gesammelten Daten hat AFP etwa 50 "Matrjoschka"-Beiträge ausfindig gemacht. Bei den meisten handelte es sich um bereits auf X veröffentlichte Posts. Das Kollektiv entdeckte aber erstmals auch Beiträge auf Bluesky. Die Plattform wurde für viele Menschen, die mit dem früheren Twitter unzufrieden waren, zu einem Zufluchtsort.

Valentin Chatelet, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit im digitalen forensischen Forschungslabor des Atlantic Council, sagte: "Die Operation versucht, ihre Wirksamkeit in Bezug auf die Reichweite zu testen und abzuschätzen, wie schnell sie abgeschaltet wird."

Peter Benzoni, Forschungsanalyst für Ermittlungsdaten bei der Alliance for Securing Democracy des German Marshall Funds, betonte, dass die kursierenden Posts Universitäten kopieren. Ziel dahinter könnte "ein an das Publikum von Bluesky angepasster Appell an Autorität" sein.

In einem manipulierten Video spricht ein Professor der Universität Aix-Marseille in Südfrankreich über "zahlreiche Fehler bei der Organisation der Olympischen Spiele", die mit Schwierigkeiten der "französischen Wirtschaft" zusammenhängen würden. Die Bildunterschrift deutet darauf hin, dass dies auf "Sanktionen gegen Russland" zurückzuführen sei. Das Video ist ein Deepfake, dessen Ton manipuliert wurde.

AFP hat das Originalvideo gefunden, das Ende Oktober 2024 auf dem Instagram-Account der Universität ausgestrahlt wurde. Der Professor für Rechtswissenschaften erwähnt an keiner Stelle die französische Wirtschaft. Er ließ das Jahr 2024 seiner Fakultät Revue passieren.

Dutzende andere Videos verwenden eine ähnliche Inszenierung, bei der ein Experte in die Kamera blickt und das Logo oder der Name der Universität zu sehen sind. Nach einigen Sätzen folgen Illustrationen mit Bildern aus Medien oder Stockfotos.

In einem anderen Beispiel, das auf dem Campus der Sunderland University im Nordosten Englands gedreht wurde, loben Studierende und Lehrende angeblich Russland in den höchsten Tönen. Auch dieses Video ist manipuliert. Im Original, das von AFP angesehen wurde, wird Russland überhaupt nicht erwähnt.

Fälschungen in Massenproduktion

Laut Chatelet vom Atlantic Council zeigen diese Beispiele, dass es der Kampagne gelungen sei, "Deepfake-Sprachaufnahmen zu industrialisieren". Dies spiegle einen Trend wider, der bei verschiedenen von Russland gesponserten Desinformationskampagnen üblich sei, so Chatelet. Er verglich das Vorgehen insbesondere mit Einflusskampagnen wie "Doppelgänger", die Websites westlicher Medien kopieren.

Das Kollektiv Antibot4Nawalny hat eine Liste von Konten veröffentlicht, die Desinformation auf Bluesky verbreiten, und die Nutzerinnen und Nutzer aufgefordert, diese zu melden. AFP stellte fest, dass die Mehrheit der herausgegriffenen Veröffentlichungen bereits von der Plattform gelöscht wurden. Dies ermutigt die User, problematische Inhalte zu melden. Das Unternehmen zeigt dadurch auch, dass es sich aktiv für die Bekämpfung von Desinformation einsetzen will.

Im Jahr 2023 gaben die Moderatoren von Bluesky an, mehr als 358.000 Meldungen bearbeitet zu haben. Auf AFP-Anfrage äußerte sich das Unternehmen jedoch nicht. Laut Chatelet sei sich Bluesky des Problems bewusst. "Die Gemeinschaft der Faktenprüferinnen und Faktenprüfer und Open-Source-Fachleute untersuchen und melden diese Inhalte bereits, um ihre Verbreitung zu verhindern." Die Bemühungen von Bluesky seien "recht effizient, wenn es darum gehe, die Operation auf der Plattform zu unterbinden". Er fügte jedoch hinzu, dass das soziale Netzwerk nach wie vor "sehr reaktiv" sei. "Bluesky muss erst noch beweisen, dass es diese Desinformationskampagne proaktiv stoppen kann", sagte er.

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