Die regelmäßige TÜV-Prüfung gilt auch ab 2025 nur für Kraftfahrzeuge, nicht für Fahrräder

  • Veröffentlicht am 6. Dezember 2024 um 19:55
  • Aktualisiert am 10. Dezember 2024 um 11:57
  • 4 Minuten Lesezeit
  • Von: Elena CRISAN, AFP Österreich
Fahrräder müssen laut deutschem Gesetz gewisse Sicherheitsanforderungen erfüllen. In sozialen Medien kursiert die Behauptung, dass Fahrradbesitzerinnen und -besitzer ab dem Jahr 2025 ihr Fahrrad regelmäßig einer Kontrolle unterziehen und eine TÜV-Plakette anbringen müssen, ähnlich wie bei Autos. Das ist allerdings ein Mythos. Laut Verkehrsministerium und der Prüforganisation TÜV ist keine solche Verpflichtung im Vormarsch.

Wer in Deutschland öfter mit dem Fahrrad fährt, wurde in den vergangenen Tagen in sozialen Medien alarmiert: "Warnung an alle Fahrradfahrer", hieß es etwa in einem der zahlreichen Posts, die seit Ende November 2024 kursieren. Die "Eilmeldung" lautete: "Fahrräder benötigen ab 2025 TÜV".

Auf dem darunter geteilten Bild war eine blaue Plakette des TÜV (Technischer Überwachungsverein) zu sehen, angebracht auf einem Radschützer, also dem Blech über den Reifen.

Image
Tiktok-Screenshot der Behauptung: 4. Dezember 2024

Die Behauptung machte auch auf Tiktok die Runde. So erreichte beispielsweise dieses Video über eine Million Userinnen und User: "Ohne gültige TÜV-Plakette drohen euch drakonische Strafen", sagt eine Stimme im Hintergrund, "euer Fahrrad könnte sogar stillgelegt werden". Die TÜV-Prüfung koste 80 Euro und betreffe alle Fahrräder. Vor strengen Kontrollen und mangelnder Nachsicht wurde weiter gewarnt. Die Plakette müsse jedes Jahr erneuert werden, hieß es außerdem.

Doch diese Meldung ist falsch. TÜV Nord etwa sowie Verkehrsklubs, die AFP kontaktiert hat, gaben Entwarnung.

"Bei dieser Nachricht handelt es sich um eine Desinformation", schrieb ein Sprecher von TÜV Nord am 4. Dezember 2024 an AFP: "Eine verpflichtende TÜV-Kontrolle (analog zur Hauptuntersuchung bei Kfz) für Fahrräder und Pedelecs (E-Bikes, Anm. d. Red.) wird nicht eingeführt."

Auf AFP-Anfrage bestätigte das auch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). "Seitens des BMDV ist derzeit nicht geplant, Fahrräder verpflichtend einer regelmäßigen technischen Überwachung (Hauptuntersuchung) zu unterziehen", teilte eine Sprecherin in einer E-Mail vom 4. Dezember 2024 mit. 

Die blaue Plakette, die auf nachfolgendem Bild zu sehen ist, ähnelt einer Hauptuntersuchungs-Prüfplakette (HU-Plakette) für Autos und Motorräder.

Image
Facebook-Screenshot der Behauptung: 4. Dezember 2024, Hervorhebungen durch AFP

Der Sprecher von TÜV Nord erklärte, dass die HU-Plakette "nur mit erfolgreicher Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen von den Sachverständigen der akkreditierten Prüf- und Überwachungsorganisationen wie etwa TÜV NORD erteilt" werde. Folglich seien "entsprechende Nachdrucke auf anderen Verkehrsmitteln wie Fahrrädern, Pedelecs oder E-Scootern in jedem Fall ungültig".

Wie die Sicherheit von Fahrrädern überprüft wird

Besitzerinnen und Besitzer sind also nicht verpflichtet, ihre Fahrräder von einer Zertifizierungsorganisation wie beispielsweise einer TÜV-Stelle überprüfen zu lassen. Hersteller von Fahrrädern, Pedelecs und Zubehör sind jedoch sehr wohl verpflichtet, ihre Produkte zertifizieren zu lassen. Wie der TÜV Nord-Sprecher weiter erklärte, umfasst eine solche Prüfung "die Bereiche elektrische Sicherheit, mechanische Sicherheit, chemische Sicherheit und elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)".

Nach Abschluss der Prüfung dürfen die Produkte mit einem sogenannten "CE-Siegel" gekennzeichnet werden. "CE" steht für "Conformité Européenne", was so viel wie "Europäische Konformität" bedeutet.

Dies wird innerhalb der EU in einer Verordnung festgehalten, die seit dem Jahr 2008 gilt (hier archiviert). Laut Verordnung soll "sichergestellt werden, dass Produkte, die in den Genuss des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft gelangen, Anforderungen für ein hohes Niveau in Bezug auf den Schutz öffentlicher Interessen wie Gesundheit und Sicherheit im Allgemeinen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Verbraucher- und Umweltschutz und Sicherheit erfüllen". Herstellerinnen und Hersteller von Elektrofahrrädern oder E-Scootern sind darüber hinaus seit diesem Jahr verpflichtet, Anforderungen zum Thema Sicherheit und Nachhaltigkeit von Batterien einzuhalten.

Laut deutschem Produktsicherheitsgesetz ist es verboten, Produkte auf den Markt zu bringen, die nicht mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind.

Fahrradfahren auf eigene Verantwortung

Hinweise für Endkundinnen und -kunden bei der Wartung, Pflege und dem Gebrauch von Fahrrädern und E-Bikes hat TÜV Nord in diesem Ratgeber zusammengefasst (hier archiviert). Es wird etwa erklärt, wie eine selbstständige Überprüfung des Fahrzeugs auf Beschädigungen funktionieren kann. Wenn die Reifen sich beispielsweise nicht einwandfrei drehen lassen, oder Öl aus den Federgabeln austritt, wird eine Reparatur empfohlen.

Doch dafür, resümierte eine Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in einer E-Mail vom 3. Dezember 2024, müssen die Besitzerinnen und Besitzer eigenständig sorgen: "Nutzerinnen und Nutzer sind selbst dafür verantwortlich, dass das Fahrrad im Gebrauch sicher bleibt".

Weitere Faktenchecks zum Thema Fahrradfahren von AFP lesen Sie hier oder hier.

Fazit: Eine regelmäßige, jährliche Hauptuntersuchung für Fahrräder ist in Deutschland nicht geplant. Besitzerinnen und -Besitzern wird geraten, ihr Fahrrad selbst auf Mängel zu überprüfen. Dies ist aber nicht gesetzlich verpflichtend. Produzentinnen und Produzenten sowie Importeurinnen und Importeure von Fahrrädern müssen ihre Produkte von einer Prüforganisation zertifizieren lassen.

Formulierung im Titel konkretisiertRechtschreibfehler im Titel ausgebessert
10. Dezember 2024 Formulierung im Titel konkretisiert
9. Dezember 2024 Rechtschreibfehler im Titel ausgebessert

Haben Sie eine Behauptung gefunden, die AFP überprüfen soll?

Kontaktieren Sie uns