Orban schüttelte Selenskyj bei seinem Ukraine-Besuch im Juli 2024 die Hand
- Veröffentlicht am 12. September 2024 um 15:04
- 4 Minuten Lesezeit
- Von: Katharina ZWINS, AFP Österreich
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Ein Facebook-Beitrag vom 8. September 2024 beinhaltet ein Foto von Viktor Orban und Wolodymyr Selenskyj. Im Hintergrund sind eine ungarische, eine ukrainische und zwei EU-Flaggen zu sehen. Der ungarische Ministerpräsident scheint sich zu weigern, dem ukrainischen Präsidenten die Hand zu schütteln. Laut Beitrag handle es sich um das "Bild des Jahres 2024". Die angebliche Verweigerung des Handschlags durch Orban bewerteten Userinnen und User mit einem "Daumen hoch"-Emoji.
Auch auf Tiktok wird die Behauptung hundertfach geteilt. Sie kursiert zudem auf Französisch.
Orbans Nähe zu Russland steht immer wieder in der Kritik, den Handschlag hat er dem ukrainischen Präsidenten hier aber nicht verweigert.
Händeschütteln bei Ukraine-Besuch im Sommer 2024
Eine umgekehrte Bildsuche ergab, dass es sich bei dem geteilten Foto um ein Bild vom Besuch Orbans bei Selenskyj im Juli 2024 handelt. Der Hintergrund im Bild sowie auch die Bekleidung der beiden Politiker stimmen mit jener in dem geteilten Foto überein.
Ein AFP-Video des Besuchs zeigt jedoch eindeutig, dass Orban Selenskyj die Hand geschüttelt hat (bei Minute 0:25) – anders als in sozialen Medien behauptet (hier archiviert). Das online geteilte Bild wurde einige Sekunden davor aufgenommen (bei Minute 0:23).
Von der Szene sowie dem Handschlag gibt es sowohl von AFP als auch von anderen Nachrichtenagenturen zahlreiche Fotos.
Auch mittels erweiterter Websuche fand AFP keinerlei Hinweise darauf, dass Orban Selenskyj bei dem Besuch im Juli 2024 einen Handschlag verweigert hätte. Es gibt keine Medienberichte, die über einen solchen diplomatischen Zwischenfall berichten.
Aus einem Video, das die Tagesschau im Juli 2024 veröffentlicht hat, geht außerdem hervor, dass sich Orban und Selenskyj noch zumindest ein weiteres Mal während des Besuchs die Hand geschüttelt haben (ab Minute 0:38, hier archiviert).
Das Verhältnis des ungarischen Ministerpräsidenten Orban zu Russland wird vielfach kritisiert. Medial wird er häufig als russlandfreundlich beschrieben: Trotz des Ukrainekrieges unterhält er weiter enge Beziehungen zu Moskau. Auf EU-Ebene hat er etwa Verhandlungen über Ukraine-Hilfen sowie Sanktionen gegen Russland verzögert oder zu verhindern versucht.
Kritik an "Friedensmission" von Orban
Besonders der Besuch Orbans beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau im Juli 2024 löste breite Kritik aus. Die Moskau-Reise beschrieb der rechtsnationalistische Regierungschef später als "Friedensmission". Vor allem bei anderen EU-Staats- und Regierungschefs sorgte die Reise für Empörung.
Bei dieser "Friedensmission" besuchte Orban auch den ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew. Am 2. Juli 2024 traf der ungarische Regierungschef zu seinem ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor über zweieinhalb Jahren ein. Von diesem Treffen stammt das aktuell geteilte Foto. Am Tag zuvor hatte Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres übernommen. Bei dem Besuch rief Orban den ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu einer raschen Waffenruhe mit Russland auf. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte er, er habe Selenskyj aufgefordert, "die Möglichkeit einer Waffenruhe schnell in Betracht zu ziehen".
Anfang September 2024 waren sowohl Orban als auch Selenskyj beim Wirtschaftsforum in Cernobbio am norditalienischen Comer See zu Gast. Orban zeigte sich für ein mögliches Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten in Cernobbio offen. Am Ende fand ein solches jedoch nicht statt.
AFP hat bereits zahlreiche Falschbehauptungen zum Krieg in der Ukraine überprüft. Ähnliche Szenen wurden bereits in der Vergangenheit falsch interpretiert.
Fazit: Bei einemTreffen im Juli 2024 hat der ungarische Ministerpräsident Orban dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj die Hand geschüttelt – anders als in sozialen Medien behauptet. Das online geteilte Bild, bei dem Orban Selenskyj scheinbar den Handschlag verweigert, wurde einige Sekunden vor dem tatsächlichen Händeschütteln aufgenommen. Das geht aus Videoaufnahmen und Fotos hervor.