Präsidentschaftsdebatte zwischen Donald Trump und Kamala Harris am 10. September 2024 in Philadelphia
( AFP / SAUL LOEB)

TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump im Faktencheck

Am 10. September 2024 standen sich Kamala Harris und Donald Trump in ihrem ersten gemeinsamen Duell gegenüber. AFP hat ihren Schlagabtausch einem Faktencheck unterzogen. 

Die US-Vizepräsidentin und demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris und der ehemalige US-Präsident und republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump trafen am Dienstag, 10. September 2024, in ihrer ersten und bislang einzigen anberaumten Debatte im Wahlkampf 2024 aufeinander.  

Harris und Trump äußerten sich zur Amtsführung des jeweils anderen sowie zu ihren Plänen für den Fall, dass sie aus den Wahlen am 5. November 2024 als Sieger hervorgehen. AFP hat die Richtigkeit der Aussagen beider Kandidaten zu zentralen Themen überprüft:

Wirtschaft

Auf die Frage, ob es den Amerikanern besser gehe als vor vier Jahren, gab Harris keine direkte Antwort. Sie beschuldigte Trump, den Demokraten "die schlimmste Arbeitslosigkeit seit der Großen Depression" zu hinterlassen. Das ist irreführend. Die Arbeitslosigkeit stieg im April 2020 auf 14,8 Prozent an, als die Coronapandemie die USA lahmlegte. Als Trump aus dem Amt schied, lag die Arbeitslosigkeit bei 6,4 Prozent.

Harris sagte, sie würde Familien eine Steuergutschrift von bis zu 6000 US-Dollar für jedes berechtigte Kind sowie einen Steuerabzug von 50.000 US-Dollar für kleine Unternehmen anbieten, falls sie zur Präsidentin gewählt würde. Sie behauptete, Trump würde Milliardäre und Unternehmen gegenüber allen anderen bevorzugen, und sagte, der ehemalige Präsident plane eine Umsatzsteuer, die den normalen Amerikanerinnen und Amerikanern schaden würde.

Trump konterte mit der Behauptung, die Regierung von Präsident Joe Biden habe die höchste Inflation in der Geschichte der USA eingeleitet, und nannte Zahlen von 21 Prozent und bis zu 60 Prozent für einige Waren. Das ist falsch. Die Inflation liegt derzeit bei 2,9 Prozent. Unter Biden erreichte die Inflation im Jahr 2022 mit 9,1 Prozent ihren Höhepunkt. Damit lag sie jedoch weit unter dem historischen Höchststand von 23,7 Prozent im Jahr 1920.

Trump bestritt, dass er eine Umsatzsteuer einführen würde und stellte einen möglichen Handelszoll in Höhe von mindestens 10 Prozent für andere Länder in den Raum. Expertinnen und Experten warnen, dass Zölle eine Steuer für die Verbrauchinnen und Verbraucher darstellen und sie am Ende mehr bezahlen müssen, da die Kosten auf sie abgewälzt werden.

Migration und "Migrantenkriminalität"

Trump behauptete fälschlicherweise, dass "Abermillionen" von Menschen aus Ländern wie Venezuela "aus Irrenanstalten und Irrenhäusern" in die USA einreisen und Straftaten begehen würden. Er wiederholte auch eine unbegründete virale Behauptung, dass Migrantinnen und Migranten in Orten wie Springfield, Ohio, Haustiere essen würden. "In Springfield fressen sie die Hunde, die Leute, die hierher gekommen sind, fressen die Katzen. Sie fressen die Haustiere der Menschen, die dort leben. Das ist es, was in unserem Land passiert." Die Polizei und örtlichen Behörden sagen, dass es keine glaubwürdigen Berichte über solche Tiertötungen gibt.

Laut Daten der US-Sicherheitsbehörde FBI aus dem Jahr 2022, dem letzten Jahr, für das Zahlen vorliegen, sind Gewalt- und Eigentumsdelikte in den USA auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Eine Studie vom Juni 2023 stellte zudem fest, dass die Inhaftierungsraten von Einwandererinnen und Einwandern aus allen Regionen seit 1960 zurückgegangen sind. Andere Untersuchungen haben ergeben, dass Migrantinnen und Migranten nicht mehr Gewaltverbrechen begehen als US-Bürgerinnen und -Bürger. Die Nachrichtenagentur Reuters widerlegte bereits frühere Aussagen Trumps zu diesem Thema. FBI-Statistiken aus dem ersten Quartal 2024 zeigen ebenfalls einen Rückgang der Gewalt- und Eigentumsdelikte um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die illegale Einwanderung war während Trumps Amtszeit höher als in den beiden Amtszeiten des früheren Präsidenten Barack Obama. Zu Beginn dieses Jahres, während der Regierung von Joe Biden, erreichte die illegale Einwanderung einen historischen Höchststand. Seit einer im Juni 2024 unterzeichneten Durchführungsverordnung ist sie zurückgegangen. Harris sagte, Trump habe Strategie über Inhalte gestellt, als er im Februar 2024 den republikanischen Gesetzgebern befahl, einen parteiübergreifenden Gesetzentwurf zu kippen, der die Maßnahmen an der südlichen US-Grenze verschärft hätte. Damit verwehrte er den Demokraten in einem Wahljahr einen Sieg in der Einwanderungsfrage.

Abtreibung

Trump, der drei konservative Richter in den Obersten Gerichtshof berufen hat, der wiederum den Fall Roe gegen Wade und somit die Garantie auf einen Zugang zur Abtreibung gekippt hat, nannte die Demokraten in dieser Frage "radikal". Mit seinem Grundsatzurteil in diesem Präzedenzfall räumte der Oberste Gerichtshof 1973 Frauen das Recht ein, selbst darüber zu entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen möchten. Trump behauptete nun, der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz unterstütze "die Hinrichtung nach der Geburt – es ist die Hinrichtung, nicht mehr die Abtreibung –, weil das Baby geboren ist, und das ist für mich nicht in Ordnung". Das ist falsch.

Die Debattenmoderatorin Linsey Davis korrigierte Trump und sagte: "Es gibt keinen Staat in diesem Land, in dem es legal ist, ein Baby nach seiner Geburt zu töten." Harris fügte hinzu: "Nirgendwo in Amerika trägt eine Frau eine Schwangerschaft bis zum Ende aus und bittet um eine Abtreibung. Das ist nicht der Fall."

Harris behauptete: "Sollte Donald Trump wiedergewählt werden, wird er ein nationales Abtreibungsverbot unterzeichnen." Doch der ehemalige Präsident antwortete sofort: "Ich werde kein Verbot unterschreiben", und sagte, dass dies Sache der Bundesstaaten sei.

Ukraine

In einem Wortwechsel über die Ukraine bezeichnete Trump Harris als "Abgesandte" und sagte, sie habe versucht, den Krieg durch Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abzuwenden. "Man hat sie geschickt, um den Frieden auszuhandeln, bevor dieser Krieg begann. Sie wurde zu ihnen geschickt, um mit Selenskyj und Putin zu verhandeln. Und das tat sie, und drei Tage später begann der Krieg." Diese Behauptung ist falsch.

Harris hat sich nicht mit Putin getroffen, und sie bezeichnete Trumps Behauptung als Lüge. Als Vizepräsidentin traf sie Selenskyj auf der Münchner Sicherheitskonferenz in den Tagen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022. AFP hat weitere Falschbehauptungen über den Krieg in der Ukraine widerlegt.

Deutsche Energiegewinnung

Außerdem warnte Trump vor einer Abkehr von fossilen Energien. "Deutschland hat das versucht und binnen eines Jahres haben sie wieder angefangen, normale Kraftwerke zu bauen", behauptete er in seinem Schlusswort. Das deutsche Auswärtige Amt widersprach auf seinem englischsprachigen X-Account: "Ob es Ihnen gefällt oder nicht, das deutsche Energiesystem ist voll funktionsfähig und besteht zu mehr als 50 Prozent aus erneuerbaren Energien." Kohle- und Atomkraftwerke würden abgeschaltet, nicht neu gebaut.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte zudem in der Regierungspressekonferenz am 11. September 2024: "Viele Fakten sprechen gegen diese Aussage." In der ersten Hälfte dieses Jahres lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland bei 61 Prozent, während der Anteil der Kohle nur 23 Prozent betrug.

Faktenchecks rund um die US-Wahl sammelt AFP online.

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