Bundeswehr-Video stammt von 2021 und hat keinen Bezug zu aktuellen Bauernprotesten
- Veröffentlicht am 11. Januar 2024 um 17:34
- 4 Minuten Lesezeit
- Von: Johanna LEHN, AFP Deutschland
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"Bundeswehreinsatz im Inland ab Montag!", heißt es in einem Beitrag auf Facebook vom 4. Januar 2024. "Aus gut informierten Kreisen sickerte durch, dass die Proteste ab 8. Januar zum Anlass genommen werden könnten, die BRD-Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei einzusetzen." Darin ist zudem ein Video zu sehen, in dem ein Mann in Bundeswehruniform erklärt: "Im Falle einer Alarmierung stehen alle verfügbaren Bundeswehrkräfte sofort zur Unterstützung von Polizeikräften bereit."
Das Video wird auch in Beiträgen in Telegramkanälen und auf X verbreitet. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer posteten den Clip ebenfalls aufTiktok.
Wegen der Pläne der Bundesregierung zu Subventionskürzungen für Agrarbetriebe riefen Landwirtinnen und Landwirte bundesweit zu einer Protestwoche ab dem 8. Januar 2024 auf. Tausende nahmen mit ihren Traktoren teil und demonstrierten in Städten und auf Autobahnauffahrten.
Das Video hat jedoch nichts mit den aktuellen Bauernprotesten in Deutschland zu tun.
Video stammt von einer Antiterrorübung
Mithilfe einer umgekehrten Bildsuche fand AFP heraus, dass der Clip ein Ausschnitt aus einem Video aus dem Jahr 2021 ist. Darin spricht Generalmajor Carsten Breuer, seit März 2023 Generalinspekteur der Bundeswehr, anlässlich einer gemeinsamen Antiterrorübung von Polizei und Bundeswehr in der Oberfranken Kaserne im bayerischen Hof am 6. Oktober 2021.
Im Video der gesamten Rede ist zu Beginn der Schriftzug "GEOTEX 21" am Rednerpult zu lesen, was die Abkürzung der "Gemeinsamen Oberfränkischen Terrorismusabwehr Exercise" war. Rund 150 Einsatzkräfte probten bei dieser Übung, wie sie im Falle eines Terroranschlags Kontrollstellen errichten, wenn sich weiterhin Terroristen in der Stadt befinden.
Bundeswehreinsätze im Inland durch Grundgesetz geregelt
Unter welchen Voraussetzungen die Bundeswehr in Deutschland eingesetzt werden darf, ist im Grundgesetz festgeschrieben. "Es zieht damit Lehren aus der deutschen Geschichte", erklärt die Bundeswehr auf ihrer Website. Eine Möglichkeit eines Bundeswehreinsatz im Inland regelt Artikel 35 des Grundgesetzes: "Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall" kann eine Landesregierung Einsatzkräfte der Bundeswehr anfordern.
Dieser auch als Amtshilfe bekannte Einsatzfall "betrifft die bekannten Beispiele der Soldaten, die bei einem Hochwasser Sandsäcke stapeln, oder der Hubschrauber von Heer und Luftwaffe, die bei Naturkatastrophen Rettungskräfte einfliegen oder in Not geratene Personen bergen", erläutert die Bundeszentrale für politische Bildung online.
Daneben kann die Bundeswehr innerhalb Deutschlands nach Artikel 87a Grundgesetz "zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes" und dabei zum Schutz ziviler Objekte oder zur "Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer" eingesetzt werden, heißt es dazu auf der Website der Bundeswehr. Dieser Einsatz ist demnach allerdings nur dann rechtens, "wenn das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage ist und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen". Der Bundestag oder der Bundesrat könne den Abbruch des Einsatzes verlangen.
"Hierbei ist zu betonen, dass der bewaffnete Einsatz im Innern außerhalb der eigentlichen Grundfunktion der Streitkräfte in einem demokratischen Rechtsstaat immer nur das äußerste Mittel sein darf, da die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit in erster Linie Aufgabe der Polizei ist", heißt es seitens der Bundeswehr weiter.
Bauernproteste bislang ohne Einsatz der Bundeswehr
Ein Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung erklärte gegenüber AFP in einer E-Mail am 11. Januar 2024, Generalinspekteur Breuer habe "im Zusammenhang mit den aktuellen Bauernprotesten keine Aussagen" getätigt. Und weiter: "Die Bundeswehr war nicht bei den aktuellen Bauernprotesten im Einsatz."
Eine andere Falschbehauptung über den Einsatz der Bundeswehr in Deutschland hat AFP bereits widerlegt. Auch im Zuge der aktuellen Bauernproteste sind bereits andere Falschinformationen verbreitet worden.
Fazit: Im Video werden keine Aussagen über die derzeitigen Bauernproteste gemacht und die Bundeswehr ist bei den Demonstrationen nicht im Einsatz, erklärte das Verteidigungsministerium. In dem geteilten Ausschnitt spricht Generalinspekteur Carsten Breuer anlässlich einer Antiterrorübung in Oberfranken im Jahr 2021.