Für dieses Fontane-Zitat gibt es keine Belege
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- Veröffentlicht am 16. Juli 2021 um 12:48
- 2 Minuten Lesezeit
- Von: Eva WACKENREUTHER, AFP Österreich
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Neben einem Bild des deutschen Autoren Theodor Fontane prangt ein angebliches Zitat des Schriftstellers zur Meinungsfreiheit. Damit schreiben ihm im Juli zehntausendfach geteilte Facebook-Postings (hier, hier, hier) den folgenden Ausspruch zu: "Der Grund, warum Menschen zum Schweigen gebracht werden, ist nicht, weil sie lügen, sondern weil sie die Wahrheit reden. Wenn Menschen lügen, können ihre eigenen Worte gegen sie angewandt werden. Doch wenn sie die Wahrheit sagen, gibt es kein anderes Gegenmittel als die Gewalt."
Eine Google-Suche nach dem Zitat führte AFP zu mehreren Seiten, die das angebliche Zitat verwenden, darunter etwa eine Sprücheseite oder die Website eines Schweizer Coachs, der selbst allerdings bereits auf ein mögliches Falschzitat hinweist. Die Suche führte außerdem zu einem Blogbeitrag des Zitatforschers Gerald Krieghofer, der das Zitat bereits 2020 als falsches Fontane-Zitat beschrieb.
Darin verortet Krieghofer den Ursprung des angeblichen Fontane-Ausspruchs bei Holger Fröhner. Fröhner ist Autor mehrerer Bücher, die die "Amadeu-Antonio-Stiftung" in einem Dossier über Reichsbürger als Bündelung "reichsideologischer Erzählung" bezeichnet. Fröhners Buch "Die Jahrhundertlüge" von 2009 bezeichnet Andreas Vorrath, Grünen-Politiker und Kenner der Reichsbürgerszene, laut eines Cicero-Artikels als "Bibel der Reichsbürgerbewegung".
Im angesprochenen Buch "Die Jahrhundertlüge" von Fröhner kommt das Zitat auf Seite 277 vor, jedoch noch ohne Zuschreibung zu Theodor Fontane. In Fröhners 2011 erschienenen Buch "Nacht" verwendet der Autor die Passage allerdings wieder, diesmal als Fontane-Zitat. Beide Bücher sind im Selbstverlag erschienen. AFP hat vor 2009 kein vergleichbares Zitat von Fontane finden können.
Andere selbstverlegte Bücher greifen es jeweils erst später auf (hier, hier). Keines der von AFP gesichteten Bücher gab dabei Hinweise auf eine historische Quelle des Zitats.
AFP hat beim Theodor-Fontane-Archiv der Universität Potsdam nachgefragt. Das Archiv verfügt über einen umfangreichen Bestand an Handschriften und Dokumenten sowie eine Bibliothek mit "nahezu sämtlicher Literatur von und zu Fontane", so die Selbstbeschreibung. "Es handelt sich um ein Fontane untergeschobenes Zitat", schrieb Klaus-Peter Möller vom Theodor-Fontane-Archiv am 12. Juli in einer Mail an AFP. Er verwies zudem auf den bereits erwähnten Blogbeitrag von Gerald Krieghofer.
Fazit: Für das angebliche Fontane-Zitat gibt es keine Belege. Das Fontane-Archiv der Uni Potsdam bezeichnete den Ausspruch gegenüber AFP als "untergeschobenes Zitat". Ein Zitatforscher verortet es stattdessen in einem in der Reichsbürgerszene beliebten Buch.