
Das österreichische Energieministerium ruft nicht dazu auf, Nachbarn mit zu warmen Wohnungen zu melden
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- Veröffentlicht am 20. September 2022 um 15:58
- 2 Minuten Lesezeit
- Von: Eva WACKENREUTHER, AFP Österreich
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Auf Facebook teilen Nutzerinnen und Nutzer Mitte September ein vermeintliches Plakat des österreichischen Energieministeriums. Zuvor hatte FPÖ-Politiker Maximilian Krauss das Bild geteilt und damit Hunderte User erreicht. Er nutzte das Bild, um vor einer möglichen Zukunft zu warnen, in der "die Grünen auch noch in unsere Wohnungen kommen, um die Raumtemperatur zu kontrollieren".
Die Behauptung: Auf dem vermeintlichen Ministeriums-Plakat ist Leonore Gewessler zu sehen, die mit der Aufschrift "Heizt der Nachbar die Wohnung über 19 Grad auf? Bitte informieren Sie mich" angeblich dazu aufruft, Nachbarn unter einer angegebenen Telefonnummer zu denunzieren.

Zuvor kursierte bereits ein ähnliches gefälschtes Plakat, mit dem Menschen in der Schweiz angeblich dazu aufgefordert wurden, ihre Nachbarn zu melden. AFP hat die Behauptung widerlegt.
Ministerium dementiert
AFP hat beim Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nachgefragt. Ein BMK-Sprecher schrieb: "Das Plakat stammt nicht aus dem Klimaschutzministerium. Die Umsetzung der Energiespartipps der Kampagne basiert selbstverständlich auf Freiwilligkeit."
Die am Plakat angegebene Nummer führt außerdem nicht zu einer Hotline, bei der man Heiztemperaturen melden kann. Die Nummer gehört zum Gebäude des BMK in der Wiener Radetzkystraße. AFP hat dort am 15. September angerufen. Ein Mitarbeiter versicherte, dass ihm keine solche Aktion bekannt sei.
Energiesparpläne in Österreich
Am 12. September 2022 präsentierte Gewessler eine Energiesparkampagne namens "Mission 11", die eine Energieersparnis von elf Prozent anpeilt. Auch das Thema Heizen wird darin angesprochen. Das Ministerium empfiehlt, die Heiztemperatur um zwei Grad zu senken, Heizkörper zu entlüften und Türen zu unbeheizten Räumen zu schließen.
Die Sujets der Kampagne unterscheiden sich bereits optisch vom aktuell geteilten angeblichen BMK-Plakat. Die "Mission11"-Kampagne setzt auf große Druckschrift in vielen Farben, das vermeintliche Plakat verwendet hingegen ein Foto, das die Ministerin auf der Ministeriumswebsite und auf Facebook als ihr Profilfoto benutzt.
Andere echte Fotos des Ministeriums sind außerdem oft mit einem Österreich-Logo in der linken oberen Ecke gekennzeichnet, das anders als das geteilte Plakat keinen Text enthält.
Ministerin Gewessler wünschte sich Anfang September außerdem eine Maximaltemperatur von 19 Grad in manchen Amtsgebäuden, wie etwa Gemeindeämtern. In Schulen oder Krankenhäusern soll das nicht gelten, genauso wenig wie in privaten Räumen. Verpflichtend ist die Empfehlung zum privaten Energiesparen aber nicht: "Die Empfehlungen stellen zu keinem Zeitpunkt eine Pflicht dar", heißt es vonseiten des Ministeriums.
Aktuell gibt es in Österreich auch keine Gesetze die es verbieten, die eigene Wohnung auf über 19 Grad zu heizen, gegen die ein Nachbar verstoßen könnte. "Es gibt keine entsprechenden Regelungen, die die Heiztemperatur in privaten Räumen einschränkt", erklärte der Ministeriumssprecher.
Fazit: Ein aktuell geteiltes Plakat, das Energieministerin Leonore Gewessler zeigt, wie sie dazu aufruft, zu warm heizende Nachbarn zu verraten, ist gefälscht. Das zuständige Ministerium dementierte die Echtheit des auf Facebook verbreiteten Plakats.