Meldung über angeblich gegründete "Anti-Woke-Filmgesellschaft" ist Satire
- Veröffentlicht am 20. Dezember 2024 um 16:24
- 5 Minuten Lesezeit
- Von: Johanna LEHN, AFP Deutschland
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Als "Helden des Tages" bezeichnete die niedersächsische AfD-Landtagsabgeordnete Vanessa Behrendt die Schauspieler Mark Wahlberg, Mel Gibson und die Schauspielerin Roseanne Barr in einem X-Post vom 13. Dezember 2024. Der Grund: Sie hätten "gemeinsam eine Anti-Woke-Filmgesellschaft" ins Leben gerufen. Dazu teilte Behrendt einen Link zu einem Artikel über die angebliche Gründung. Auch auf Facebook wurde diese Behauptung von Nutzerinnen und Nutzern verbreitet. In den Kommentaren wurde diese angeblich neue Filmgesellschaft zahlreich begrüßt und als gute Neuigkeit gefeiert.
Diese vermeintliche Neuigkeit ist jedoch in Wahrheit eine Falschinformation. Der X-Post von Behrendt wurde mit einer sogenannten Community Note versehen. Nutzerinnen und Nutzer können mit dieser Funktion Posts mit einer Notiz versehen, dass es sich um Falschinformationen handelt oder Kontext fehlt. In dieser Community Note wird ein Faktencheck (hier archiviert) der Nachrichtenagentur Reuters vom 26. April 2024 verlinkt. Darin geht es ebenfalls um die Falschbehauptung und es wird erklärt, sie beruhe auf einem Artikel der englischsprachigen Satire-Website Esspots.
Artikel deutlich als Satire gekennzeichnet
Unter der Überschrift "Breaking: Mel Gibson and Mark Wahlberg Join Hands to Create a Non-Woke Film Production Studio, 'Hollywood Is Saved'" (zu Deutsch: "Eilmeldung: Mel Gibson und Mark Wahlberg gründen gemeinsam ein Anti-Woke-Filmproduktionsstudio, 'Hollywood ist gerettet'") erschien am 31. März 2024 auf dieser Website der satirische Artikel über Gibson und Wahlberg, die sich zusammengetan hätten, "um ein neues Filmproduktionsstudio zu gründen, das sich der Bewahrung von traditionellem Storytelling widmet und die Fallstricke woker Kultur vermeidet".
Kurz darauf, am 2. April 2024, veröffentlichte die Website eine weitere Satire-Meldung, der zufolge Roseanne Barr sich den beiden Schauspielern angeschlossen hätte. Beide Artikel sind weiterhin online, der zuerst erschienene mit inzwischen geändertem Titel. Die Artikel sind deutlich mit dem Label "Satire" gekennzeichnet, das zeigt auch die Übersicht aller Artikel auf der Homepage:
Auf der Website von Esspots heißt es, sie sei "eine zentrale Anlaufstelle für satirische Nachrichten und Kommentare über die Vereinigten Staaten von Amerika". Das Redaktionsteam habe "es sich zur Aufgabe gemacht, Ihnen die neuesten und besten Fake News und Absurditäten mit einer gesunden Portion Humor und Satire zu präsentieren", erklären die Website-Betreiber.
Auf AFP-Anfrage schrieben sie am 17. Dezember 2024 per E-Mail, dass der Artikel über die Gründung der Produktionsfirma satirisch zu verstehen sei: "Ja, der Artikel war als Satire gemeint, aber einige Websites haben ihn geklaut und als echte Nachricht präsentiert." Zu diesen Websites hätten die Betreiber von Esspots keine Verbindungen. Tatsächlich existierende Neuigkeiten publizieren sie laut eigener Aussage nicht: "Wir veröffentlichen ausschließlich satirische Inhalte auf unserer Website."
Geteilte Website wirkt unseriös
Der im Dezember 2024 geteilte Artikel mit der Überschrift "Roseanne Barr, Mark Wahlberg und Mel Gibson gründen gemeinsam eine Anti-Woke-Filmgesellschaft" enthält einige Sätze, die den Anschein machen, dass sie von dem zuerst erschienen Artikel von Esspots frei übersetzt worden sind.
Die Website, die den Artikel am 13. Dezember 2024 veröffentlichte, macht darüber hinaus nicht den Eindruck einer seriösen Nachrichtenwebsite. Sowohl die URL luxury.carmagazine.tv als auch die Rubriken auf der Website wie "Tattoos" oder "Babies" haben nichts mit US-Promis oder Meldungen aus Hollywood zu tun. Der Artikel ist unterbrochen von zahlreichen Werbebannern. Auf der Homepage werden Artikel in verschiedenen Sprachen aufgelistet, zum Teil handelt es sich dabei um die gleichen Inhalte. Außerdem verfügt die Website über kein Impressum, die Datenschutzbestimmungen und Kontaktinformationen bestehen aus generischen Beispieltexten.
AFP versuchte die angeblich an der Gründung beteiligten Personen zu kontaktieren. Ein Sprecher von Schauspieler Mel Gibson erklärte am 17. Dezember 2024 auf Anfrage von AFP, dass die Meldung unwahr sei und Mel Gibson keine solche Filmgesellschaft gegründet habe. Eine Sprecherin von Mark Wahlberg erklärte auf AFP-Nachfrage, sie würden Behauptungen dieser Art nicht öffentlich kommentieren.
Tatsächlich ist Gibson bereits Eigentümer der Produktionsfirma Icon, die er mit dem australischen Filmproduzenten Bruce Davey gründete. Auf der Website der Produktionsfirma findet sich ebenfalls kein Hinweis auf eine "Anti-Woke-Filmgesellschaft" von Gibson. Verbindungen zwischen Gibson und Wahlberg gibt es jedoch tatsächlich: Zuletzt führte Gibson Regie für den Film "Flight Risk", in dem Mark Wahlberg die Hauptrolle spielte.
Auch Websuchen nach der angeblichen Filmgesellschaft mit dem Namen "Anti-Woke Studios" sowie den vermeintlichen Gründern lieferten keine Berichte über eine solche Gründung.
Kontroversen um Gibson, Wahlberg und Barr
Mel Gibson fiel in der Vergangenheit auch abseits des Filmgeschäfts auf: Er äußerte sich wiederholt rassistisch, antisemitisch, queer- und frauenfeindlich. So beschimpfte er beispielsweise 2006 bei einer Alkoholfahrt einen Polizeibeamten antisemitisch und bedrohte ihn. Kurz vor der US-Präsidentschaftswahl, die im November 2024 stattfand, sagte er über die demokratische Kandidatin Kamala Harris, sie habe "den IQ eines Zaunpfahls".
Mark Wahlberg wurde in sozialen Medien mit rassistischen Ereignissen in seiner Jugend konfrontiert, als er nach dem Tod des US-Amerikaners George Floyd sein Mitgefühl öffentlich aussprach. Laut Medienberichten habe er sich in den 1980er-Jahren fremdenfeindlich geäußert und rassistisch motivierte Gewalttaten begangen.
Auch Roseanne Barr äußerte sich wiederholt rassistisch und antisemitisch: Beispielsweise verunglimpfte sie Israel und beleidigte eine Beraterin des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama in ausländerfeindlicher Weise, woraufhin ihre Kult-Sitcom "Roseanne" abgesetzt wurde.
Die Falschbehauptung über die angebliche Gründung der "Anti-Woke-Filmgesellschaft" kursierte auch in anderen Varianten: So hieß es in einem englischsprachigen Facebook-Beitrag, Elon Musk habe die neue Produktionsfirma mit drei Millionen US-Dollar unterstützt. Laut einem anderen Beitrag auf Threads habe sich Hollywood-Star Harrison Ford der Filmgesellschaft angeschlossen.
Bereits im Juli 2024 veröffentlichte eine US-amerikanische Faktencheck-Organisation einen Artikel über die Falschbehauptung, Schauspieler Robert Downey Jr. sei ebenfalls der Filmgesellschaft beigetreten. Eine ähnliche, als wahr geteilte Satire über die Schauspielerin Angelina Jolie – sie habe mit Schauspieler Jon Voight ein "non-woke" Filmstudio gegründet – widerlegte AFP bereits in der Vergangenheit.
Auf eine Anfrage von AFP, weshalb die AfD-Abgeordnete Vanessa Behrendt die Falschbehauptung geteilt hat, antwortete sie bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht.
Fazit: Der Artikel, wonach Mel Gibson, Mark Wahlberg und Roseanne Barr eine "Anti-Woke-Filmgesellschaft" gegründet hätten, basiert auf einem Satire-Artikel einer US-amerikanischen Website. Die Betreiber dieser Satire-Website bestätigten, dass die Meldung erfunden ist. Auch ein Sprecher von Mel Gibson erklärte, dass Gibson keine solche Filmgesellschaft gegründet habe.