Kamala Harris sieht sich im Rennen um das Weiße Haus einer Welle sexistischer Desinformation gegenüber ( AFP / Brendan SMIALOWSKI)

Nach Bidens Rückzug wird Kamala Harris zur Zielscheibe sexistischer Falschmeldungen

Gefälschte Bilder, sexuelle Beleidigungen, rassistische Anspielungen – Desinformationsnarrative über Kamala Harris häuften sich im Internet, als sie als Spitzenkandidatin der Demokraten im Rennen um die US-Präsidentschaft hervortrat. Expertinnen und Experten warnen vor einer bevorstehenden Flut sexistischer Desinformation.

US-Präsident Joe Biden zog sich am 21. Juli 2024 aus dem Rennen um das Weiße Haus zurück und sprach seine Unterstützung für Kamala Harris aus – die erste afroamerikanische, asiatisch-amerikanische und weibliche Vizepräsidentin in der Geschichte der USA (hier archiviert). Sie versprach, die Nominierung ihrer Partei zu gewinnen, um im November 2024 gegen Donald Trump anzutreten.

Daraufhin entstand online eine Flut frauenfeindlicher und sexistischer Narrative über Kamala Harris – darunter auch bereits widerlegte Unwahrheiten.

In einigen Social-Media-Posts wurde wiederholt behauptet, Harris habe sich in der US-amerikanischen Politik "nach oben geschlafen", wobei ihre kurze Beziehung in den 1990er Jahren mit dem ehemaligen Bürgermeister von San Francisco, Willie Brown, angeführt wurde.

Diese Anschuldigung wurde von konservativen Influencerinnen und Influencern wie Candace Owens, Matt Walsh und Clay Travis wieder aufgegriffen.

In der Zwischenzeit wurde auf X ein manipuliertes Bild von Harris erneut verbreitet, auf dem sie neben dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu posieren scheint.

Das Bild – das bereits vor Jahren von AFP mithilfe einer umgekehrten Bildsuche überprüft wurde – war manipuliert worden, um Epstein anstelle von Harris' Ehemann Douglas Emhoff zu zeigen.

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Screenshot des falschen X-Beitrags: 25. Juli 2024

Online wurde heftig darüber diskutiert, ob die in den USA geborene Harris aufgrund ihrer Herkunft überhaupt berechtigt sei, als Kandidatin aufzutreten, wobei einige Postings ihren Erfolg ausschließlich auf ihre ethnische Zugehörigkeit zurückführten.

"Es ist wichtig, diese Narrative und Lügen als das zu bezeichnen, was sie sind: ein Versuch, eine mächtige Frau aufgrund ihres Geschlechts, ihres Hintergrunds und ihrer Hautfarbe zu diskreditieren", sagte Nina Jankowicz, Mitbegründerin des Desinformations-Überwachungsprojekts American Sunlight Project.

"Ich fordere jeden, der sich gegen Harris' Kandidatur ausspricht, auf, sich an einer sachlichen Debatte über die Vorzüge ihrer Politik und ihrer Erfolgsbilanz zu beteiligen, anstatt sie mit widerlichen Namen zu beschimpfen," schrieb sie auf X (hier archiviert).

 "Lügen und Verschwörungen"

Im Jahr 2020 leitete Jankowicz eine Studie, die mehr als 336.000 Fälle von "geschlechtsspezifischem Missbrauch und Desinformation" aufdeckte, die dazu dienten, 13 Politikerinnen anzugreifen (hier und hier archiviert). Etwa 78 Prozent davon richteten sich gegen Harris.

Die Desinformation beinhaltete nicht nur sexuelle Klischees, sondern auch falsche transphobe Erzählungen, wie beispielsweise, dass Harris politisch nicht aufsteigen hätte können, wäre sie in Wirklichkeit nicht heimlich ein Mann.

Roberta Braga, Geschäftsführerin des Digital Democracy Institute of the Americas, warnte Internetnutzerinnen und -nutzer, in der kommenden Zeit auf "Lügen und Verschwörungen" über Harris zu achten (hier archiviert).

"Die Falschinformation wird mit geschlechtsspezifischen Angriffen durchsetzt sein. Und das ist nichts Neues", so Braga.

Laut einem Bericht des in Washington ansässigen Center for Democracy & Technology waren "women candidates of color" bei den Wahlen 2020 doppelt so häufig Ziel von Desinformation wie andere Kandidatinnen und Kandidaten (hier archiviert). 

Außerdem waren sie viermal so häufig wie weiße Kandidatinnen und Kandidaten Ziel von Gewalt, so der Bericht.

"Die ganze Bandbreite"

Geschlechterbezogene Desinformation – wenn Sexismus und Frauenfeindlichkeit mit Online-Falschmeldungen zusammentreffen – hat unerbittlich Politikerinnen auf der ganzen Welt ins Visier genommen, ihren Ruf geschädigt, ihre Glaubwürdigkeit untergraben und in vielen Fällen ihre Karriere zunichte gemacht.

AFP hat in der Vergangenheit regelmäßig Falschmeldungen entlarvt über politisch aktive Frauen – die häufig Beute für Online-Missbrauch und sexuell aufgeladenes Trolling sind.

Da der Wahlkampf um das Weiße Haus – der bereits von Desinformation überflutet ist – in die letzten Monate geht, bereiten sich Expertinnen und Experten jetzt auf unzählige Falschmeldungen vor, die sich gegen Harris richten.

Es wird erwartet, dass weit verbreitete Tools für künstliche Intelligenz auf sozialen Plattformen wie X – der Plattform, die früher als Twitter bekannt war und sich im Besitz von Elon Musk befindet, der Trump stark unterstützt – noch "mehr Öl ins Feuer gießen" werden.

Plattformen wie X haben die Inhaltsmoderation zurückgefahren, viele der Schutzmaßnahmen gegen Falschinformation aufgehoben und Konten bekannter Verbreiter von Falschinformation wiederhergestellt.

"Wir sollten mit einer ganzen Bandbreite an Desinformation rechnen", sagte Ronald Deibert, Direktor des Citizen Lab, einem Forschungszentrum der Universität Toronto.

Das reicht von "gut organisierten und professionellen Einflussoperationen, die in einigen Fällen von ausländischen Gegnern unterstützt werden, bis hin zu Amateurproduktionen, die von Übeltätern erstellt werden", so Deibert gegenüber AFP.

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