Aufnahmen aus 2011 wurden fälschlicherweise mit dem Neujahrs-Erdbeben in Japan in Verbindung gebracht
- Veröffentlicht am 4. Januar 2024 um 16:30
- 3 Minuten Lesezeit
- Von: SHIM Kyu-Seok, AFP Südkorea, AFP Österreich
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"Tsunami am 1. Januar 2024", lautet der koreanische Text, der über einem Video zu sehen ist, das am 1. Januar 2024 auf Tiktok geteilt wurde, zusammen mit den Hashtags #Japan, #Tsunami und #Erdbeben. Die Aufnahmen zeigen ein Küstengebiet, das von reißenden Wassermassen überflutet wird, und Fischerboote, die von den hohen Wellen erfasst werden.
Geteilt wurde es, nachdem die Präfektur Ishikawa an der Westküste der japanischen Hauptinsel Honshu am Neujahrstag 2024 von einem starken Erdbeben der Stärke 7,5 erschüttert wurde. Offiziellen Angaben zufolge wurden mindestens 62 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt.
Das Erdbeben brachte auch Gebäude zum Einsturz, verursachte einen Großbrand und riss Straßen auf.Tsunami-Wellen von mindestens 1,2 Metern Höhe trafen den Hafen von Wajima. Kleinere Tsunamis wurden auch andernorts gemeldet, unter anderem auf der nördlichen Insel Hokkaido. Die Warnungen vor wesentlich größeren Wellen erwiesen sich als unbegründet und am 2. Januar 2024 hob Japan alle Tsunamiwarnungen auf.
Das Video zeigt jedoch einen japanischen Hafen, der 2011 von den Tsunamiwellen getroffen wurde.
Altes Tsunami-Video
Die Buchstaben und Zahlen auf einem Boot bei Minute zehn des Videos sind verdreht geschrieben, was darauf hindeutet, dass die Aufnahme horizontal gespiegelt wurde.
Eine umgekehrte Bildsuche bei Google mit einem gespiegelten Screenshot des Filmmaterials ergab, dass es ursprünglich in einem Youtube-Video des Nutzers "wngad869" am 18. März 2011 veröffentlicht wurde — wenige Tage nach dem Tohoku-Erdbeben von 2011, das den Nordosten Japans am 11. März 2011 erschütterte (hier archiviert).
Das Erdbeben der Stärke 9,0 mit einem Epizentrum im Meer vor Fukushima löste einen tödlichen Tsunami an der nordöstlichen Küste Japans aus (hier archiviert). Bei der Katastrophe wurden mehr als 18.500 Menschen getötet oder als vermisst gemeldet.
Die japanische Beschreibung des Youtube-Videos lautet: "3:48 nachmittags. Momoishi Fischerhafen, Oirase Stadt, Präfektur Aomori. 2011.3.11. Man kann den Schornstein der Mitsubishi-Papierfabrik und das Erderkundungsschiff sehen."
Dasselbe Video wurde am 16. Juni 2022 auf "2011 Japan Tsunami Archives" veröffentlicht, einem Youtube-Kanal, der Filmmaterial von der Katastrophe sammelt (hier archiviert). Dort wurde das Video auch dem Nutzer "wngad869" zugeschrieben. Identisches Filmmaterial wurde am 22. März 2011 auch auf der japanischen Videoplattform niconico mit einer ähnlichen Beschreibung geteilt (hier archiviert).
Anhand der Videobeschreibung und geografischer Merkmale, die in dem ursprünglichen YouTube-Video zu sehen sind, hat AFP das Filmmaterial in einem Hafengebiet in Aomori im Norden Japans geolokalisiert (hier archiviert).
Fazit: Das Erdbeben am 1. Januar 2024 löste zwar im Westen Japans Flutwellen aus. Doch die Aufnahmen, die auf Tiktok geteilt wurden, stammen von der großen Tsunamikatastrophe aus dem Jahr 2011 und wurde an der Ostküste Japans aufgenommen.